Deal or no deal?

In deutschen Strafprozessen gibt es seit einigen Jahren die Sitte, das Verfahren durch wechselseitige Entgegenkommen abzukürzen. In der Regel gesteht der Angeklagte seine Schuld und erhält dafür von Haus aus ein geringeres Strafmaß; teilweise werden auch einzelne, weniger bedeutende Anklagepunkte fallengelassen. Dieses Vorgehen hat sich in den Gerichten etabliert und bewährt, in der Strafprozeßordnung kommt es dagegen bisher nicht vor. Das ändert sich jetzt und folgerichtig wiederholt der Gesetzentwurf im wesentlichen das bisherige „Gewohnheitsrecht“; Änderungen ergeben sich nur dort, wo man mehr Transparenz schaffen wollte. Eigentlich sollte das alles kein Anlaß für große Aufgeregtheiten sein. Umso seltsamer mutet es an, wenn der ehemalige BGH-Richter Wolfgang Neskovic nun behauptet, „der Reiche kann sich gewissermaßen freikaufen, der Hartz IV – Empfänger (sic) nicht“. Herr Neskovic weiß natürlich, dass es einerseits bei den allermeisten „Deals“ nicht um Geld geht, andererseits aber gerade Menschen aus unteren sozialen Schichten überproportional von Einstellungsentscheidungen, die oft genug keine echten Absprachen sind, da der Beschuldigte gar kein Entgegenkommen zeigen muss, profitieren. Aber er hat es wohl in seiner Rolle als rechtspolitischer Sprecher der Linken – sagen wir einfach: – nicht in den Vordergrund seiner Bewertung gestellt. Was mich dagegen schon mehr wundert, ist die Aussage von Konrad Freiberg (Gewerkschaft der Polizei), die München liberal veröffentlicht hat: „Wer Monate lang umfangreichste und anspruchsvolle Ermittlungen durchführt, um Beweismittel für eine Bestrafung eines Kriminellen zu beschaffen, wird nur wenig Verständnis dafür aufbringen, dass letztlich große Teile seiner Arbeit wegen der offenbaren Überlastung der Justiz nicht ausreichend gewürdigt werden.“ Bei allem Verständnis für seine berufliche Betroffenheit – Strafverfahren sind halt nicht dafür da, dass sich Polizisten danach besser fühlen. Käuflich ist Gerechtigkeit weiterhin nicht. Ein Geständnis und eine Kooperation mit den Behörden spricht natürlich für den Angeklagten und ist im Rahmen einer rechtsstaatlichen, tat- und schuldangemessenen Straffestsetzung zu berücksichtigen. Und da ist es nicht verwerflich, das Ausmaß der Berücksichtigung vorher klarzulegen und dabei auch mal etwas konzilianter zu sein. Von „Fiat iustitia, et pereat mundus“ hat keiner etwas.

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Ein Gedanke zu „Deal or no deal?“

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