ChatGPT in der Juristerei

ChatGPT ist derzeit ein großes Thema im Internetbereich. Die Software ist ein neuartiger Chatbot, der mittels künstlicher Intelligenz beeindruckende Gespräche mit Menschen führen kann. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Neuauflage von Google oder Alexa, die ja mittlerweile auch erstaunlich gute Antworten auf in normaler Sprache formulierte Fragen geben können. Der Schwerpunkt liegt weniger im Auffinden von Informationen, sondern eher im Umgang mit Sprache und im Bewältigen von Aufgaben.

Es kann zum Beispiel:

  • lange Texte zu kurzen zusammenfassen
  • einen ausführlichen Brief aus stichpunktartigen Angaben formulieren
  • Programmiercode für in Worten formulierte Aufgaben schreiben
  • Gleichungen lösen

Und das ist wahrscheinlich nur ein unglaublich winziger Ausschnitt aus dem Leistungsspektrum.

Diskussion über die Verfassungsbeschwerdefrist

Ich habe mir, quasi als Berufskrankheit, von ChatGPT erklären lassen, was bei einer Verfassungsbeschwerde so zu beachten ist. Dabei wurde neben sehr soliden Rahmeninformationen bspw. auch die Aussage getroffen, man müsse die Verfassungsbeschwerde innerhalb von drei Monaten erheben. Das konnte ich natürlich so nicht stehen lassen, darum habe ich mit der Software das Diskutieren angefangen. Und jetzt schau man sich das mal an:

Falls man es schlecht lesen kann, hier noch einmal (leicht gekürzt) als Text:

Ich: Die Verfassungsbeschwerde muss innerhalb von einem Monat, nicht innerhalb von drei Monaten eingereicht werden.

ChatGPT: Das ist falsch. Die Verfassungsbeschwerde muss innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis der angefochtenen Entscheidung oder Maßnahme eingereicht werden. Dies ist eine der Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit eine Verfassungsbeschwerde zulässig ist. Es gibt keine Frist von einem Monat. (…)

Ich: Doch, das steht in § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG: „Die Verfassungsbeschwerde ist binnen eines Monats zu erheben und zu begründen.“

ChatGPT: Ich bitte vielmals um Entschuldigung, ich habe mich geirrt. Sie haben Recht, dass § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG besagt, dass die Verfassungsbeschwerde „binnen eines Monats zu erheben und zu begründen“ ist. Ich danke Ihnen, dass Sie mich auf meinen Fehler aufmerksam gemacht haben. (…)

Software kann lernen

Das ist wirklich in mehrerer Hinsicht erstaunlich: Zum einen kann man mit dieser Software tatsächlich ein Thema ausdiskutieren. ChatGPT versteht einen Zusammenhang zwischen den einzelnen Sätzen, ohne dass man jedesmal wiederholen muss, worum es eigentlich geht. Also wie in einem normalen Gespräch. Dann verfügt die Software über die Möglichkeit, selbständig zu lernen. Es werden nicht nur Informationen aus einer Datenbank ausgeworfen, sondern diese können auch als falsch erkannt und korrigiert werden. Und schließlich muss es auch eine Form von Verifikationsmechanismus geben, der richtige von falschen Informationen (sicher mit gewissen Fehlermöglichkeiten) unterscheidet.

Was sich momentan noch im Bereich von Spielereien bewegt, dürfte sehr bald zu einem ganz erheblichen Faktor werden, auch in der Juristerei. Mit einem Kollegen habe ich dann gleich probiert, den Bot zum Zusammenfassen von Rechtsnormen und Urteilen zu bewegen. Das liefert, zumindest in dieser pauschalen Form, noch keine ganz zufriedenstellenden Ergebnisse. Vielleicht liegt das aber nur an der Fragestellung oder daran, dass es eine zu außergewöhnliche Aufgabe ist, für die man ihn entsprechend programmieren muss.

Wenn man sich aber anschaut, wie primitiv bspw. „Findulin, der IT-Adler der Bundesregierung“ vor 20 Jahren noch war, kann man sich vorstellen, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis Künstliche Intelligenz auch hochspezialisierte Fachaufgaben erfüllen kann. Selbstverständlich wird sich das juristische Berufsbild damit auch verändern – wie genau, kann wohl noch niemand sagen

Neues Wissen schon umgesetzt

Die neue Erkenntnis, die ich ChatGPT vermittelt habe, ist übrigens unmittelbar in dessen Gedächtnis eingeflossen:

Ich: Welche Frist gilt für eine Verfassungsbeschwerde?

ChatGPT: In Deutschland gibt es für Verfassungsbeschwerden eine Frist von einem Monat, die beginnt, sobald der Betroffene von der angefochtenen Entscheidung Kenntnis erlangt hat.

Und das kann jetzt jeder ausprobieren.

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