Das Betreten eines Gefängnisses ist immer mit einem mulmigen Gefühl verbunden. Auch, wenn man nur als Besucher da ist. Das ändert sich auch für Anwälte nicht so schnell, die schon oft in Gefängnissen waren.
Als Rechtsanwalt, der sich (auch) mit Strafrecht beschäftigt, lassen sich Besuche im Gefängnis nicht vermeiden. Für viele inhaftierte Mandanten ist es sehr wichtig, dass auch der persönliche Kontakt zum Anwalt bestehen bleibt. Und man kann auch nicht alles nur per Brief oder über (ohnehin nur sporadisch mögliche) Telephonanrufe klären.
Anwalt darf Mandanten besuchen
Die Besuchsregelungen für Anwälte sind daher recht kulant – eine übermäßige Einschränkung würde ja auch die Verteidigung behindern und wäre daher mit dem Recht auf ein faires Verfahren schwer vereinbar. Man ist als Anwalt nicht an die allgemeinen Besuchszeiten und an die normalen Besuchshäufigkeiten gebunden. Man versucht aber natürlich, die organisatorischen Notwendigkeiten der Justizvollanstalt einigermaßen zu berücksichtigen.
Die Anmeldung eines Besuchs erfolgt häufig per Fax. Ja, im Justizbereich ist das Fax noch eine verbreitete Kommunikationsform. In diesem Fax kündigt man ein, zwei Tage vorher die ungefähre Besuchszeit an, damit die JVA die Vorbereitungen treffen kann.
Prominente Gefangene
Die JVA Landsberg ist spätestens seit dem Fall Hoeneß auch über den Münchner Großraum hinaus bekannt. Dem Bau sieht man sein Alter schon von außen an, der Sicherheit tut dies aber keinen Abbruch. Auf Google Maps bekommt man einen recht guten Überblick über die baulichen Gegebenheiten der Anstalt.
Mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht man das Gefängnis per Zug, der Bahnhof befindet sich im oben verlinkten Kartenausschnitt am äußersten rechten Bildrand, ungefähr in der Mitte. Er trägt ironischerweise den Namen „Landsberg (Lech), Schule“. Über die Bahnschiene führt eine Brücke, unter dem Hindenburgring gibt es eine Unterführung.
Entlang der Außenmauer gibt es zahlreiche Parkplätze, auf denen hauptsächlich Autos aus der Umgebung, teilweise aber auch mit überraschend fernen Nummernschildern zu sehen sind. Der Adresse Hindenburgring 12 für das Gefängnis, in dem dereinst Hitler einsaß, kann man eine gewisse Ironie auch wieder nicht absprechen.
Sicherheit steht über allem
Die Hauptpforte wirkt schlossartig. Kein kalter Zweckbau, aber man merkt gleich, dass hier nur rein- oder rauskommt, wem das Rein- oder Rauskommen hoheitlich gestattet ist. Dieser gesamte erste Bau dient als Schleuse. Durch ihn hindurch führt ein Gang mit mehreren Türen, von denen jede einzelne nur dann aufgeht, wenn die Tür davor und die Tür dahinter geschlossen sind. Ein kleines grünes Licht, auf das man zeitweise scheinbar endlos warten muss, erlaubt dann das Öffnen.
Hinter der Eingangstür befindet sich der Empfang. Diesen darf man sich freilich nicht als Hotelrezeption vorstellen. Hinter Sicherheitsglas sitzen die Beamten, ca. einen halben Meter (gefühlt: zwei Meter) erhöht. Als Besucher weiß man gleich, wer hier Herr im Haus ist. Die Beamten sind aber äußerst freundlich.
Man schiebt den Anwaltsausweis über die dafür vorgesehene Schublade unter dem Sicherheitsglas durch und schon ordnen sie einem das korrekte Fax zu. Die Kollegen werden dann gebeten, den Gefangenen, der natürlich schon auf den Anwaltsbesuch wartet, in den entsprechenden Trakt der JVA zu führen.
Elektronische Geräte bleiben draußen
Zwischenzeitlich bekommt der Anwalt, egal ob er erstmals hier ist oder die Prozedur schon kennt, das Merkblatt über elektronische Geräte ausgehändigt: Man darf Laptops, Tablets und ähnliches mit in die JVA nehmen, sofern man diese zur Besprechung braucht. Der Mandant darf sie aber nicht benutzen. Sicherheitshalber lasse ich diese Geräte von vornherein heraußen und schreibe die Besprechung altmodisch mit Zettel und Stift mit. Auch meine Handakte nehme ich natürlich mit.
Die Tasche mit Laptop und Handy wird in einem Spind gegenüber des Empfangs eingesperrt. Dessen Türen machen meist keinen allzu vertrauenserweckenden Eindruck mehr, sind großteils verbeult und hängen manchmal auch nicht mehr richtig in den Angeln – aber egal, wird sind hier im Gefängnis, da sind Wertsachen wohl so sicher wie kaum irgendwo sonst.
Atmosphäre der Unfreiheit
Die Besuchszellen für Anwälte sind in dem Querbau mit braunem Dach ein Stück links/oben von der Eingangsschleuse. Man geht – nachdem man die weiteren Zwischentüren passiert hat – den mittleren der sternförmig angeordneten Wege.
In diesem Hof ist man meistens allein. Man seht hier zwar keine Wachen mit Schusswaffe im Anschlag und auch andere Sicherungsmaßnahmen wie Stacheldraht sind eher spärlich. Die Atmosphäre hier ist aber eindeutig: Die hohen Mauern und Türme lassen keinen Zweifel daran, dass man sich in einem umschlossenen, überwachten Raum befindet.
Im Querbau wird man dann gleich von uniformierten Beamten empfangen. Hier erwähnt man dann, dass man Anwalt ist und zu welchem Häftling man will. Durch den Metalldetektor muss man trotzdem. Dieser schlägt auch zwangsläufig an, wenn man den Spindschlüssel noch in der Hosentasche hat. Anschließend wird noch die Akte kontrolliert, dass man auch wirklich keine Feile darin versteckt hat.
In der Zelle
Der nette Beamte führt einen dann weiter in die Anwaltsbesuchszelle. Je nach Timing sitzt der Mandant da schon oder er wird später hereingeführt. Der Raum ist ca. zwei mal drei Meter groß und mit einem Tisch und mehreren Stühlen ausgestattet. Eine Trennscheibe o.ä. gibt es nicht, außerdem bleibt kein Beamter im Raum. Man kann also recht ungestört den Fall beraten.
Auf Tageslicht muss man auch nicht verzichten, es gibt ein (freilich vergittertes) Fenster. Gewöhnungsbedürftig ist dagegen die schwere Tür, die ins Schloss fällt und einen von der Außenwelt isoliert. Das Schlüsselloch ist innen verblendet, der einzige Weg nach draußen führt über das Telephon, mit dem man um Auslass bitten kann. Nach dem Ende des Gesprächs dauert es aber auch drei Minuten, bis man den Wärter mit dem Schlüssel hört.
Eines ist klar: Länger will man an diesem Ort nicht bleiben (müssen). Freilich, unsere Gefängnisse sind keine Gulags. Fast alle Mandanten bestätigen, dass sie anständig behandelt werden und sich nach einiger Zeit an die Umstände gewöhnt haben. Aber der Verlust der Freiheit ist in der JVA in jeder Hinsicht spürbar – auch, wenn man auf der „anderen Seite“ steht.