Prüfungsanfechtungen sind schwierig und erfordern eine sehr zielgerichtete Klagebegründung. Allgemeines Vorbringen, die Note sei nicht angemessen, führt niemals zum Erfolg. Vielmehr müssen dem Prüfer tatsächliche Bewertungsfehler nachgewiesen werden.
Am Ende eines Studiums steht in vielen Studiengängen auch heute noch eine alles entscheidende Prüfung. Diese muss bestanden werden, um das Studium erfolgreich abzuschließen, in manchen Fächern entscheidet sie ohne Berücksichtigung der Leistungen während des Studiums sogar ganz allein über die erreichte Note und die Berufsaussichten.
Fallen die Noten nicht so gut aus wie erhofft, fällt man durch die Prüfung oder – der Super-GAU – wird das Examen im letzten möglichen Versuch endgültig nicht bestanden, möchte man die Bewertung natürlich irgendwie anfechten. Heute beantworten wir einige Fragen dazu.
Können Prüfungsergebnisse überhaupt angefochten werden?
Ja, auch Prüfungsergebnisse sind als Teil behördlichen Verwaltungshandelns anfechtbar. Da die meisten Prüfungen auch über die Berechtigung, einen bestimmten Beruf ausüben zu dürfen, entscheiden, sind diese auch grundrechtsrelevant.
Klagegegenstand ist dabei aber nicht die einzelne Klausur und ihre Bewertung, sondern die Gesamtnote. Im Rahmen der Anfechtung des Bescheids über das Prüfungsergebnis können dann einzelne Klausuren überprüft werden, da sich das Gesamtergebnis ja aus diesen zusammensetzt.
Nimmt das Gericht eine komplette Neukorrektur vor?
Nein. Das Ermessen dahingehend, wie eine bestimmte Leistung zu bewerten ist, kann nur der Prüfer selbst ausüben. Das Gericht setzt sich nicht an die Stelle des Prüfers, zumal die Arbeit nur im Vergleich mit den Arbeiten anderer Prüflinge wirklich eingeschätzt werden kann und diese dem Gericht nicht vorliegen.
Prüfungsspezifische Wertungen wie der Schwierigkeitsgrad der konkreten Aufgabe und die deswegen zu erwartende Qualität der Lösung, der Erwartungshorizont an fachliche Kenntnisse des Kandidaten, Qualität der Darstellung und Überzeugungskraft der Argumentation, das Setzen von Schwerpunkten und die Gesamteinschätzung der Leistung bleiben daher dem Prüfer vorbehalten und werden durch das Gericht nicht kontrolliert.
Überprüft werden jedoch die Urteile des Prüfers dahingehend, ob eine bestimmte Antwort sachlich korrekt und kein Bewertungsmangel gegeben ist.
Außerdem widmet sich das Gericht nur den vom Kläger ausdrücklich angesprochenen Kritikpunkten, es nimmt also nicht von Amts wegen keine umfassende Überprüfung vor.
Welche Bewertungsmängel können geltend gemacht werden?
Ein Bewertungsmangel ist dann gegeben, wenn der Prüfer sich bei seiner Bewertung nicht von den dafür anzulegenden Kriterien hat leiten lassen. Dazu gehört insbesondere, dass sachfremde Erwägungen eingeflossen sind, nicht verlangte Anforderungen gestellt wurden oder positive Aspekte gar nicht gewürdigt wurden. Der klarste Bewertungsfehler ist freilich, dass eine richtige Antwort als falsch gewertet wurde – dies kommt aber eher selten vor.
Wie hoch sind die Chancen für eine erfolgreiche Anfechtung?
Relativ gering. Aufgrund des weitgehenden Bewertungsspielraums der Prüfer sind die meisten Klagen erfolglos. Dies sollte man unbedingt bedenken und eine Klagebegründung sehr zielgerichtet verfassen.
Wie muss eine erfolgreiche Anfechtung formuliert sein?
Obwohl vor dem Verwaltungsgericht kein Anwaltszwang herrscht, kann man nur dazu raten, einen spezialisierten Rechtsanwalt zu beauftragen. Dieser kennt die Maßstäbe und erkennt mögliche Ansatzpunkte für einen erfolgreichen Angriff.
Die Klagebegründung sollte zunächst klarstellen, dass man weder das eigene Ermessen an die Stelle der Ermessens des Prüfers setzen will noch dies vom Gericht verlangt. Anschließend sollte detailliert dargelegt werden, warum die Notenvergabe nicht von der gegebenen Begründung getragen wird. Worauf man genau eingehen sollte, hängt sehr von der jeweiligen Bewertung ab und lässt sich nicht allgemein sagen.
Allgemeine Ausführungen dazu, die Arbeit sei doch besser gewesen als die vergebene Note, haben jedenfalls keine Aussicht auf Erfolg.
Kann man auch auf vorherige gute Noten verweisen?
Nein.
Zwar befindet man sich in der Versuchung, seine Kenntnisse anhand von Studienleistungen beweisen zu wollen. Dies ist aber unzulässig, da der Prüfer unbeeinflusst nur die vor ihm liegende Arbeit bewerten soll. Ob der Prüfling „eigentlich“ besser ist als das, was er zu Papier gebracht hat, ist hier einfach nicht relevant – auch wenn es schwer fällt, einzusehen, dass die eigenen Kenntnisse durch einige wenige schriftliche Arbeiten charakterisiert werden sollen und nicht durch über mehrere Jahre erbrachte Leistungen.
Warum geht es meistens um juristische Examen?
Ein ganz erheblicher Teil der Prüfungsanfechtungen betrifft juristische Examen. Die Gründe dafür sind wohl:
- hohe Durchfallquote in beiden Staatsexamen (im ersten Examen bis zu 50 %, im zweiten bis zu 20 %)
- lebenslanger Ausschluss vom Studium bei endgültigem Nichtbestehen
- wenige ähnliche Studiengänge, für die juristische Scheine angerechnet werden können
- sehr subjektive Bewertung der Arbeiten, da Ausführungen selten als klar richtig oder falsch beurteilt werden können
- Juristen kennen den Rechtsweg und ergreifen ihn daher möglicherweise öfter
Eine Übersicht über Gerichtsentscheidungen in Prüfungsanfechtungsverfahren finden Sie in Kürze unter www.urteile-pruefungsanfechtung.de.
Weitere Informationen und anwaltlichen Rat finden Sie unter: