Ein frohes neues (Steuer-) Jahr!

Seit heute schreiben wir ein neues Jahr. Zumindest in steuerlicher Hinsicht.

Es gibt ja bekanntlich verschiedene Rechtsgebiete, im Wesentlichen das Zivilrecht, das Strafrecht und das öffentliche Recht. Aber das einzige wirklich bedeutende Recht in diesem Land ist das Steuerrecht. Ohne Steuern gäbe es diese ganze wunderbare Welt, in der wir leben und die wir so liebgewonnen haben, nicht: Wir hätten keine Subventionen für Wind- und Atomkraft, es gäbe keine Behörden, die uns dieses und jenes genehmigen oder verbieten, und niemand könnte sich darum kümmern können, in welcher Farbe wir unsere Häuser anmalen.

Und in eben diesem Steuerrecht beginnt nun ein neues Jahr. Zumindest beginnt es definitiv heute. Denn in anderer Hinsicht hat es natürlich auch schon am 1. Januar begonnen. Oder am 22. Dezember.

Grundsatz: Zuflusszeitpunkt entscheidend

Aber fangen wir am Anfang an: Um zu ermitteln, wieviel von unserem Einkommen wir rechtmäßig an Vater Staat und Mutti Merkel abzuliefern haben und wieviel wir ausnahmsweise selbst verprassen dürfen, zählt man einfach die Einnahmen des ganzen Jahres zusammen. § 11 Abs. 1 Satz EStG sagt in schlichter Prosa:

Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

Das ist also ganz einfach; wenn die Kasse klingelt, freut sich der Staat. Das hängt mit dem – nicht lachen! – Prinzip der Steuergerechtigkeit zusammen. Jeder soll nach seiner Leistungsfähigkeit besteuert werden und die Leistungsfähigkeit in einem bestimmten Jahr berechnet sich eben nach den genau in diesem Jahr erhaltenen Einnahmen.

Nun ist es aber so, dass man desöfteren Zahlungen später als eigentlich vorgesehen erhält. Überweisungen können dank moderner Technik zwar sofort vom Konto abgebucht werden, brauchen aber einen Tag bis einige Tage, bis sie beim Empfänger eingetroffen sind. Und wenn man kurz vor Silvester etwas überweist, trudelt das Geld manchmal erst nach Neujahr ein. Überweist man umgekehrt zu früh, um ja nicht in Verzug zu geraten, hat man unter Umständen noch im alten Jahr bezahlt.

Ausnahmeregelung für die „kurze Zeit“

So kann es theoretisch passieren, dass bspw. die Miete im einen Jahr für 10 Monate gezahlt wird, im anderen 14 Monate. Solche Zufälligkeiten wären natürlich ein bürokratischer Horror. Daher ordnet Satz 2 der Vorschrift auch an:

Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.

Diese kurze Zeit liegt bei zehn Tagen. Warum nicht sieben oder zwölf Tage? Das ist einfach so. Irgendwo ist die Grenze und sie beträgt zehn Tage. Mehrfach höchstgerichtlich bestätigt. Aus.

Besondere Voraussetzungen

Interessant ist dabei, dass es sich um regelmäßige Einnahmen handeln muss. Wird also eine einmalige Rechnung für einen einmaligen Auftrag erst später gezahlt, wird die Zahlung nicht von Satz 2 erfasst und ist im Jahr des Eingangs zu versteuern.

Die Voraussetzungen sind also:

  • regelmäßig wiederkehrende Leistung
  • Zugehörigkeit zum anderen Wirtschaftsjahr (z.B. Miete für den Dezember)
  • Eingang zwischen 22. Dezember und 10. Januar

Die Zehn-Tage-Frist hängt übrigens nicht vom Kalender ab. Ob der erste bzw. letzte Tag der Frist ein Samstag oder Sonntag ist, ist nicht relevant. § 193 BGB, der in solchen Fällen Fristen bis zum nächsten regulären Werktag verlängert, ist hier nicht anwendbar.

Die teilweise geforderte Fälligkeit der Forderung auch in dem Jahr, dem sie zugerechnet wird, soll nach der Rechtsprechung dagegen nicht notwendig sein. Ist die Dezembermiete also erst am 15. Januar fällig, wird sie aber am 8. Januar bezahlt, gehört sie immer noch zum Vorjahr. Die Argumentation hierfür ist einleuchtend: Das Einkommensteuergesetz von 1925 hat die zeitnahe Fälligkeit noch als Voraussetzung aufgenommen, das von 1934 (auf dem auch das heutige Einkommensteuerrecht insgesamt, vor allem aber § 11 beruht) dagegen nicht mehr. Man kann davon ausgehen, dass der Gesetzgeber, wenn er etwas bewusst weglässt, auch tatsächlich nicht will, dass es in die Vorschrift hineingelesen wird.

Parallelregelung für Ausgaben

Was es noch zu sagen gibt: Wo Einnahmen sind, sind auch Ausgaben. Daher sieht § 11 Abs. 2 eine völlig parallele Regelung für Ausgaben vor, die kurze Zeit vor Beginn oder nach Ende des Jahres getätigt werden.

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