Das Problem der Inzahlunggabe

Beim Autokauf ist die Inzahlunggabe des Altwagens gängige Praxis. Wenngleich sich die früheren Steuervorteile heute weitestgehend verflüchtigt haben, gibt es dennoch einige subjektive Gründe dafür, beim Kauf eines neuen Pkw den alten „dranzugeben“.

Zum einen fühlen sich Privatleute oft mit dem Gebrauchtwagenmarkt und seinen Gepflogenheiten überfordert. Sie wissen nicht genau. wo sie den Wagen am besten loswerden, wie sie den Vertrag gestalten müssen, wie sie ihre Haftung ausschließen usw. Daher gibt man den Wagen lieber dem Autohändler seines Vertrauens, der wird einen schon nicht über den Tisch ziehen.

Versteckter Rabatt

Und tatsächlich bekommt man vom Autohändler tendenziell einen besseren Preis. Denn diesem ist in erster Linie daran gelegen, den Neuwagen zu verkaufen. Und da wäre es kontraproduktiv, mit dem Kunden herumzustreiten, ob sein altes Auto, das er immer liebevoll gepflegt haben will, nun tausend Euro mehr oder weniger wert ist. Das Verlustgeschäft, das der Händler damit teilweise macht, ist dann natürlich umgekehrt eingepreist, wirkt sich also durch einen niedrigeren sonstigen Rabatt aus.

Beispiel: Händler H bietet dem Kunden K ein Auto für 30.000 Euro an und erklärt sich bereit, dem K für sein altes Auto 10.000 Euro vom Kaufpreis abzuziehen. K zahlt also nur noch 20.000 Euro.

Die Beteiligten können dies freilich im Wege der Privatautonomie so vereinbaren. Man kann selbstverständlich Verträge schließen, wie man will – auch solche, die das BGB nicht vorsieht. Sollte der Streit aber einmal vor Gericht landen, stellt sich trotzdem die Frage, wie man den dann bestehenden Konflikt nun mit den Mitteln des Gesetzes lösen kann.

Kein Tausch, sondern normaler Kauf

Möglicherweise handelt es sich hierbei um eine Mischung aus Kauf (§ 433 BGB) und Tausch (§ 480) – auch solche typengemischten Verträge sind möglich. Dann würde es sich also hinsichtlich der 20.000 Euro um einen Kauf, hinsichtlich des Altautos dagegen um einen Tausch handeln. Der Händler hätte dementsprechend ein einklagbares Recht darauf, 20.000 Euro und den Gebrauchten des Kunden zu bekommen.

Nun ist es aber so, dass der Händler am Gebrauchtwagen des Kunden nicht wirklich interessiert ist. Er nimmt ihn, siehe oben, nur aus Kulanz und zudem meist zu einem nicht wirklich lohnenden Preis ab. Er tut seinem Kunden einen Gefallen und würde sich eigentlich freuen, wenn dieser statt des Autos Bargeld auf den Tisch legen würde.

Inzahlunggabe ersetzt Teil des Kaufpreises

Daher erscheint es sinnvoller, einen normalen Kauf zum vollen Preis mit einer Ersetzungsbefugnis anzunehmen. Der Kunden schuldet nicht 20.000 Euro plus seinen Gebrauchten, sondern 30.000 Euro, von denen er 10.000 Euro durch seinen Gebrauchten ersetzen kann, wenn er will.

Bis hierhin handelt es sich um reine rechtstheoretische Betrachtungen, die kaum Relevanz besitzen. Wenn H und K einen solchen Vertrag schließen und ordnungsgemäß erfüllen, interessiert es niemanden, wie dies rechtlich zu bewerten ist. Darauf kommt es nur an, wenn in irgendeiner Form Störungen im Vertragsverhältnis eintreten. Einige dieser Konstellationen möchten wir nun beleuchten:

Beschädigung des Gebrauchtwagens

Hat der Kunde die Inzahlunggabe seines Autos vereinbart, beschädigt er es aber vor Übergabe, stellt sich die Frage, ob er es trotzdem noch für die Zahlung verwenden kann. Dies lässt sich meist schon aus dem Vertrag beantworten. Denn dort ist niedergelegt, dass der Gebrauchtwagen in einem ganz bestimmten Zustand in Zahlung genommen wird. Wenn das Auto aber nicht mehr in diesem Zustand ist, ist es nicht erfüllungstauglich. Damit kann der Kunde seine Ersetzungsbefugnis nicht wahrnehmen und muss stattdessen den vollen Preis zahlen.

Rücktritt

Tritt einer der beiden Vertragspartner nach der Abwicklung vom Vertrag zurück, Wandelt sich dieser gemäß § 346 BGB in ein Rückgewährschuldverhältnis. Einfacher gesagt: Jeder gibt das zurück, was er bekommen hat. Damit stellt sich für den Kunden das Problem, dass er seinen Gebrauchtwagen nun wieder zurücknehmen muss. Damit steht er also genau so wie am Anfang da und muss sich wieder um den Absatz seines Autos kümmern. Das ist insofern misslich als es für die Geltendmachung eines Rücktrittsrechts eher hindernd wirkt.

Andererseits ist bei einem Rücktritt nicht unbedingt ein Verschulden des Verkäufers gegeben. Es ist also nicht einzusehen, warum er nun auf einem Gebrauchtwagen sitzenbleiben und dafür auch noch einen überhöhten Preis zahlen soll.

Schadenersatz statt der Leistung

Beim Schadenersatz ist dagegen stets ein Verschulden notwendig. Ist es also die Schuld der Verkäufers, dass der Verkauf nicht zustande kommt, kann der Käufer Schadenersatz statt der Leistung gemäß – je nach Sachlage – §§ 281, 282 oder 283 verlangen. Das bedeutet, dass seine eigene Leistungspflicht bestehen bleibt, er aber anstelle des Anspruchs auf die Gegenleistung einen gleichwertigen Schadenersatzanspruch erhält. Damit bekommt er das positive Interesse ersetzt, er wird also so gestellt als wäre der Vertrag komplett und ordnungsgemäß erfüllt worden.

In unserem Beispiel gibt K also (wie vereinbart) seinen Gebrauchtwagen und die 20.000 Euro hin und erhält dafür nicht den Neuwagen, sondern dessen Wert ersetzt. War dieser genau die vereinbarten 30.000 Euro wert, muss H also diese 30.000 Euro zahlen. Die 20.000 Euro werden natürlich sogleich verrechnet, sodass H unter dem Strich 10.000 Euro für sein Auto bekommt – also genau das, was im Vertrag vorgesehen war.

Ergebnis

Steht die Rückabwicklung einer Inzahlunggabe im Raum, stellt sich stets die Frage, wie diese abgewickelt wird. Insbesondere die Möglichkeit eines Verschuldens bedarf intensiver Aufklärung.

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