Aufgabenstellungen im Zweiten Staatsexamen

Im Zweiten Staatsexamen sind in aller Regel praxistaugliche Arbeiten abzuliefern. Die aus dem ersten Examen bekannten Gutachten kommen zwar immer noch vor, sind aber bedeutend seltener. Stattdessen dominieren nun Entscheidungen des Gerichts und Schriftsätze an das Gericht. Anhand der Angaben aus den offiziellen Jahresberichten des Landesjustizprüfungsamts haben wir eine Übersicht über die letzten acht Jahre (also 16 Examenstermine) erstellt.

Dabei ist zu beachten, dass die Aufgabenbeschreibungen nicht nach Fächern getrennt wurden und sich die Zuordnung teilweise nur logisch erschließt. Zudem wurden anscheinend vereinzelte Klausuren in mehreren Kategorien eingeordnet (z.B. Schriftsatz und Gutachten).

In der folgenden Übersicht bedeutet bspw. „2×07“, dass die jeweilige Aufgabenstellung in den beiden Terminen des Jahres 2007 zweimal vorkam.

Zivilrecht
Urteile mit Tatbestand: 2×07, 2×08, 3×09, 2×10, 2×11, 2×12, 2×13, 1×14 = 16 = 1,0 pro Termin

Das zivilrechtliche Kompletturteil mit Tatbestand ist weiterhin in aller Regel einmal vertreten, normalerweise in der ersten Klausur. Daneben kann man davon ausgehen, dass mindestens ein weiteres normales Urteil ohne Tatbestand auch auf den Zivilteil entfällt.

Strafrecht
Abschlussverfügungen: 2×07, 2×08, 1×09, 2×10, 1×11, 1×12, 2×13, 1×14 = 12 = 0,8 pro Termin
Verteidigerplädoyer: 1×07, 1×08, 1×10, 1×11, 1×12, 1×14 = 6 = 0,4 pro Termin
Staatsanwaltsplädoyer: 1×09, 1×14 = 2
Revisionsbegründung: 1×10, 2×11, 1×12, 1×13, 1×14 = 6 = 0,4 pro Termin
Haftbefehlsantrag: 1×12
Strafurteil: 1×13

Im Strafrecht kommt in drei von vier Terminen eine Abschlussverfügung vor. Daneben können vor allem Revisionsbegründungen und die mittlerweile nicht mehr so seltenen Plädoyers drankommen. Dass in all den Jahren nur ein einziges Mal ein Strafurteil verlangt wurde, erscheint eher unwahrscheinlich; vielmehr dürften auch einige der zahlreichen Urteile ohne Tatbestand hier einzuordnen sein.

Öffentliches Recht
Bescheid: 1×09, 1×12, 1×13
Behördenschriftsatz: 1×13

Spezielle Ö-Rechts-Klausuren kommen insgesamt eher selten vor, hier sind es wohl ebenfalls eher Urteile und Gutachten.

Sonstiges
Urteile ohne Tatbestand: 5×07, 3×08, 6×09, 5×10, 7×11, 4×12, 5×13, 4×14 = 39 = 2,4 pro Termin
Gutachten: 2×07, 3×08, 4×09, 3×10, 2×11, 4×12, 2×13, 4×14 = 24 = 1,5 pro Termin
Anwaltsschriftsätze: 8×07, 8×08, 5×09, 5×10, 4×11, 5×12, 5×13, 6×14 = 46 = 2,9 pro Termin
Beschwerdeentscheidung: 1×08
Einstweiliger Rechtsschutz: 1×09, 1×10, 1×11, 1×12
Mandantenschreiben: 2×10, 2×11
Beschluss: 1×12, 1×14

Urteile mit rein rechtlichem Teil und anwaltliche Schriftsätze sind noch immer dominierend und werden pro Termin im Schnitt gut fünfmal verlangt. Hinzu kommen ein bis zwei Gutachten.

Wie sieht nun das typische Examen aus?

Aus den Vorgaben der JAPO, den allgemeinen Erfahrungen und diesen Zahlen lässt sich nun ein gewisse Prognose für ein typisches Examen abgeben.

1. Klausur – Zivilrecht: Urteil mit Tatbestand
2./3. Klausur – Zivilrecht: Ein Urteil ohne Tatbestand, ein Anwaltsschriftsatz (Klageschrift, Klageerwiderung)
4. Klausur – Zivilrecht: Kautelarklausur
5. Klausur – Arbeitsrecht: Urteil ohne Tatbestand oder Anwaltsschriftsatz (Klageschrift, Klageerwiderung)
6./7. Klausur – Strafrecht: Eine Abschlussverfügung und eine andere Arbeit (i.dR. Urteil, Plädoyer oder Revision)
8.-10. Klausur – Öffentliches Recht: Ein Urteil, ein Gutachten (meist im Rahmen eines Mandantenschreibens) und eine andere Arbeit
11. Klausur – Steuerrecht: Ermittlung des zu versteuernden Einkommens anhand zahlreicher kleinerer Steuerfälle sowie AO-Teil

Insgesamt bildet das typische Examen tatsächlich die verschiedenen Arbeiten, wie sie im Referendariat eingeübt werden, relativ gleichmäßig ab. In jedem Fach kann man sowohl mit Urteils- als auch mit Anwaltsklausuren rechnen. Im Strafrecht und im Öffentlichen Recht sind auch Aufgaben aus staatsanwaltschaftlicher/behördlicher Sicht häufig. Für die Examenskandidaten bedeutet dies, dass grundsätzlich alle Klausurvarianten eingeübt werden müssen. Andererseits entscheidet sich die Schwierigkeit einer Bearbeitung normalerweise nicht nach der formalen Perspektive, aus der sie zu schreiben ist, sondern nach dem Inhalt.

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