Gerichtsverfahren in der Anwaltschaft

AnwaltsgerichtsverfahrenDie Anwaltschaft ist weitestgehend selbstverwaltet. Aus diesem Grund hat sich auch eine anwaltschaftliche Gerichtsbarkeit gebildet, die bestimmte Rechtsstreite rund um den Anwaltsberuf selbstständig beurteilt. Heute geben wir einen Überblick über diese Verfahren.

Welche anwaltlichen Gerichtsverfahren gibt es?

Die Gerichtsverfahren der BRAO sind:

  • das Rügeverfahren (§§ 74, 74a)
  • das Verfahren in verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen (§§ 112a ff.), das sich um öffentlich-rechtliche Streitigkeiten dreht
  • das anwaltsgerichtliche Verfahren (§§ 116 ff.), das eine Art berufsständisches Strafverfahren gegen Anwälte ist, die ihre Berufspflichten verletzt haben

Daneben gibt es natürlich auch noch andere Verfahren, in denen Anwälte beteiligt sein können, wenn bspw. der Anwalt sein Honorar einklagt oder ein Anwalt von einem Kollegen auf Unterlassung von Wettbewerbsverstößen verklagt wird. Diese Verfahren finden dann aber vor einem normalen Zivilgericht statt.

Welche Gerichte bestehen für die Anwaltschaft?

Die gerichtlichen Verfahren nach der BRAO finden vor folgenden Gerichten statt:

  • Anwaltsgericht für den Bezirk der Rechtsanwaltskammer (§ 92 Abs. 1) mit drei Mitgliedern (§ 96)
  • Anwaltsgerichtshof für den Bezirk des Oberlandesgerichts, für das ganze Land oder für mehrere Länder (§ 100 Abs. 1 bis 4) mit fünf Mitgliedern (§ 104)
  • BGH-Senat für Anwaltssachen (§ 106 Abs. 1) mit drei BGH-Richtern und zwei Anwälten (§ 106 Abs. 2 Satz 1)

Wie läuft das Verfahren in verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen?

Verwaltungsrechtliche Verfahren werden gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 im Wesentlichen nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) verhandelt. Die BRAO selbst enthält nur wenige Sonderregelungen, z.B. hinsichtlich des Klagegegner (§ 112d Abs. 1).

Gegen die Urteile ist die Berufung zum BGH gegeben, die jedoch der Zulassung bedarf (§ 112e). Bemerkenswert ist, dass hier ein Zivilsenat des Bundesgerichtshofs als Verwaltungsgericht urteilt.

Wie läuft das Rügeverfahren?

Liegt ein geringfügiges Fehlverhalten eines Anwalts vor, so kann der Kammervorstand eine Rüge erteilen (§ 74 Abs. 1).

Hiergegen kann der Betroffene Einspruch einlegen, über den der Vorstand anschließend erneut entscheidet (§ 74 Abs. 5).

Gegen die abschlägige Einspruchsentscheidung kann der Rechtsanwalt dann die endgültige Entscheidung des Anwaltsgerichts beantragen (§ 74a Abs. 1).

Wie läuft das anwaltsgerichtliche Verfahren?

Das anwaltsgerichtliche Verfahren ist dem Strafverfahren nachgebildet:

  • Zunächst wird durch die Staatsanwaltschaft eine Anschuldigungsschrift (parallel zur Anklageschrift) beim Anwaltsgericht eingereicht (§ 121).
  • Leitet die Staatsanwaltschaft kein Verfahren ein, so kann der Vorstand der Rechtsanwaltskammer hiergegen gerichtliche Entscheidung beantragen (§ 122).
  • Wie beim Zwischenverfahren im Strafprozess entscheidet das Anwaltsgericht darüber, ob es die Anschuldigungsschrift zulässt und das Hauptverfahren eröffnet (§ 131).
  • Die Beweisaufnahme ist jedoch etwas freier als im Strafprozess (§§ 137, 138).
  • Am Schluss der Verhandlung steht die Urteilsverkündung (§ 139).
  • Das Urteil kann zunächst mit der Berufung zum Anwaltsgerichtshof (§ 143), das Berufungsurteil dann mit der Revision zum Bundesgerichtshof (§ 145) angefochten werden.
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