Tierschutz: Tiere sind (keine) Sachen

Tiere sind keine Sachen. Rechtlich werden sie aber so behandelt - und das ist sehr sinnvoll.
Tiere sind keine Sachen. Rechtlich werden sie aber so behandelt – und das ist sehr sinnvoll.
Es kommt nicht oft vor, dass im Wahlkampf die Aufhebung einer einzelnen Rechtsnorm eine Rolle spielt. Die Tierschutzpartei setzt sich jedoch dafür ein, dass § 90 Satz 3 BGB abgeschafft wird und tut dies mit Plakaten kund.

Da das BGB als Bundesgesetz nicht viel mit dem bayerischen Landtagswahlkampf zu tun hat, darf man wohl annehmen, dass diese Plakate von der Bundestagwahl übrig sind. Von solchen technischen Fragen abgesehen ist der Inhalt dieser Forderung aber durchaus interessant.

Klären wir zunächst einmal, was in dieser Norm überhaupt steht. § 90a BGB lautet:

Tiere sind keine Sachen. Sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.

Der erste Satz hat keine rechtliche Bedeutung, sondern dient allein der political correctness. Der zweite Satz stellt nur fest, was ohnehin jeder weiß.

Die Kernaussage des dritten Satzes, den die Tierschützer gerne streichen würden, ist: Auf Tiere sind die für Sachen geltenden Vorschriften anzuwenden.

Das Sachenrecht des BGB, das sich vor allem im dritten Buch findet, betrifft demnach nicht nur die „echten“ Sachen, sondern auch Tiere. Das gleiche gilt für andere Rechtsvorschriften, die sich auf diese Begriff der Sache beziehen.

Damit ist bspw. § 474 Abs. 1 Satz 1 BGB so zu lesen:

Verbrauchsgüterkäufe sind Verträge, durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache oder ein Tier kauft.

Dieser Satz in seiner Umformung verrät bereits eines: Ja, wir handeln mit Tieren. Man kann Tiere kaufen und verkaufen. Man kann sie besitzen man kann zwischen einem eigenen und einem fremden Tier unterscheiden.

Insoweit sind Tiere nun einmal (juristisch) wie Sachen. Damit werden Tiere aber nicht etwa erniedrigt oder ihnen der Status als Lebewesen abgesprochen. Im Gegenteil: Nur, weil Tiere den Sachen ähnlich behandelt werden, sind sie für das Rechtsinstitut des Eigentums zugänglich. Und das Eigentum vermittelt in erster Linie Schutz durch den Eigentümer.

Denn der Eigentümer kann Dritte von der Einwirkung auf sein Eigentum ausschließen (§ 903 Satz 1 BGB), er kann die Herausgabe seines Eigentums verlangen (§ 985) und er kann Schadenersatz bei Verletzungen seiner Sache verlangen (§ 249 Abs. 2 Satz 1). Der Schadenersatz für die Behandlung eines Tiers kann übrigens auch höher als das wirtschaftlich „Vernünftige“ sein (§ 251 Abs. 2 Satz 2).

Vor ihrem Eigentümer geschützt werden Tiere übrigens auch, dafür ist das BGB aber nicht da, sondern Spezialgesetze, namentlich das Tierschutzgesetz. Das BGB weist hierauf nur hin (wie oben in § 90a Satz 2) und beinhaltet einige rudimentäre Spezialvorschriften, die wieder durch das Tierschutzrecht näher ausgeführt werden. So darf der Eigentümer sein Tier dann doch nicht ganz nach Belieben, sondern nur so behandeln, dass Schutzvorschriften nicht verletzt werden (§ 903 Satz 2). Übrigens ist die Verletzung oder Tötung eines fremden Tiers auch nach dem StGB eine Sachbeschädigung – denn das Strafrecht schützt Tiere natürlich erst recht.

Würden wir nun aber anordnen, dass die Vorschriften für Sachen auf einmal nicht mehr für Tiere gelten würden, gäbe es große Lücken im Gesetz. Es gäbe nur noch das Tierschutzgesetz, das unterscheidet aber nicht zwischen eigenen und fremden Tieren. Damit wäre jedes Tier dem Zugriff von jedermann ausgesetzt. Jeder dürfte sich meine Tiere nehmen und diese bspw. – unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften – schlachten. Dass das gerade unter Tierschutzgesichtspunkten kaum erwünscht ist, liegt auf der Hand.

Im Endeffekt bräuchte es also ein eigenes Tiergesetzbuch, das all die Vorschriften, die wir für Sachen kennen, noch einmal schreibt, nur eben für Tiere. Kann das wirklich sinnvoll sein? Ist damit irgendetwas gewonnen? Und hilft das auch nur einem Tier?

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