Das Corona-bedingte nächtliche Alkoholverbot in München wurde vom Verwaltungsgericht für unzulässig erklärt. (Siehe Artikel von BR24.)
Jedes Urteil gilt zunächst einmal nur zwischen den Parteien. Wenn ich bspw. gegen mein Finanzamt durchsetze, dass Klopapier als Betriebsausgabe gilt, dann hat das für andere Steuerzahler zunächst einmal keine Bedeutung. Bei denen kann das Amt weiter das Klopapier rausstreichen.
Anders ist das nur bei Urteilen mit sog. kassatorischer Wirkung, bei denen eine Rechtsnorm für ungültig erklärt wird. Eine Rechtsnorm gilt entweder für alle oder für keinen. Wenn man bspw. eine Verfassungsbeschwerde oder (in Bayern) eine Popularklage gewinnt, dann wird die betreffende Norm außer Kraft gesetzt.
Das Münchner Alkoholverbot war aber, wenn ich es richtig verstanden habe, keine Rechtsnorm (Satzung o.ä.), sondern eine Allgemeinverfügung. Das sind Verwaltungsakte, die sozusagen gegen jeden einzelnen Bürger erlassen werden. Das ist als würde Herr Reiter jedem Münchner persönlich einen Bescheid in die Hand drücken, der ihm den Alkoholkonsum verbietet. Wenn man dagegen klagt, dann fechtet man nur diesen individuellen (fiktiven) Bescheid gegen sich selbst an und nur der wird aufgehoben.
Darum kann der Kläger in diesem Fall mitten auf dem Marienplatz Alkohol trinken und dürstenden Umstehenden sagen „Tja, euer Bescheid wurde nicht aufgehoben, meiner schon. Selber schuld!“.
Das ändert freilich nichts daran, dass das allgemeine Verbot nicht zu halten sein wird. Sonst würden als nächstes hunderttausende weitere Münchner klagen.