Layla, Mimikama und der Quatschjura-Spezialist

Layla – muss man aktuell mehr sagen?

Weil die Welt derzeit zu harmonisch und zu langweilig ist, wird nun über ein Lied diskutiert, das bisher wohl die wenigsten Menschen über 30 und unter einem Promille kannten.

Das Lied "Layla" wurde auf dem Kiliani-Volksfest in Würzburg verboten. Und das soll nur Privatsache sein?
Das Lied „Layla“ wurde auf dem Kiliani-Volksfest in Würzburg verboten. Und das soll nur Privatsache sein?
Das Thema hat seinen Weg aus den Bierzelten bis hin zum Bundesjustizminister gefunden, der bekanntlich Mitglied der FDP (scherzhaft auch „die Liberalen“ genannt) ist. Als solcher hat er sich auf Twitter gegen behördliche Verbote des Liedes gewandt.

Das wiederum hat das Faktencheckportal Mimikama, das normalerweise gute Hintergrundinformationen liefert, im juristischen Bereich aber nicht immer ganz treffsicher ist, auf den Plan gerufen. Der dortige juristische Universalsachverständige ist der Rechtsanwalt Chan-jo Jun, der wohl eigentlich aus dem Medienrecht kommt, sich aber gerne zu jedem denkbaren Rechtsbereich äußert. Ein Lieblingswort des Kollegen ist „Quatschjura“, was wohl ausdrücken soll, dass er einer bestimmten Ansicht nicht zustimmt. Auch die Aussage von Bundesjustizminister Buschmann soll hier „Quatschjura“ sein.

Was stimmt nun?

Mimikama stellt den Artikel zu dem Thema, wie meist, unter eine plakative Überschrift:

Nein, der Partysong „Layla“ wurde nicht verboten!

Einleitend wird dann gleich ein Fazit gezogen, das folgendermaßen lautet:

Es existiert kein behördliches Verbot für den Song. Lediglich einige Volksfest-Betreiber wollen nicht, dass der Song auf ihren Veranstaltungen gespielt wird.

Im Text wird dann erklärt, dass das Lied „einigen sauer aufstößt, unter anderem den Veranstaltern des Würzburger Kiliani-Volksfests (…) Die jeweiligen Betreiber möchten das Lied nicht auf ihren Festen hören – und diese Betreiber sind keine Behörde, sondern private Veranstalter!“

Also geht das Verbot von den Veranstaltern des Volksfestes aus, nicht etwas von der Stadt. Damit wäre dann die Mär von einem behördlichen Verbot eindrucksvoll widerlegt.

Nur: Veranstalter des Kiliani-Volksfestes ist das Volksfestbüro der Stadt Würzburg.

Und diese Stadt hat demnach das Verbot erlassen, dem Vernehmen nach durch eine entsprechende Mitteilung an die Zeltwirte.

Wenn durch die Stadt angeordnet wird, dass ein bestimmtes Lied auf einem bestimmten Fest nicht gespielt wird, dann ist das begrifflich selbstverständlich ein Verbot. Wie soll man es sonst nennen?

Justizminister Buschmann hat sich dann so dazu geäußert:

Man muss Schlagertexte nicht mögen. Man kann sie sogar doof oder geschmacklos finden. Sie aber behördlich zu verbieten, finde ich, ist eins zuviel. #layla

Das wiederum hat Rechtsanwalt Chan-jo Jun, Experte für Twitter und Quatschjura, auf den Plan gerufen:

Behördliches Verbot? Hier? Nein, solches QuatschJura sollte einem Juristen nicht passieren. Politiker dürfen das vielleicht, aber auch nicht als Bundesminister.

Der Staat bleibt der Staat, auch wenn er einmal nicht typisch staatlich handelt.
Der Staat bleibt der Staat, auch wenn er einmal nicht typisch staatlich handelt.
Diese Einschätzung verwundert angesichts der Fakten etwas, denn es war eben doch die Stadt, die das Verbot angeordnet hat. In einem Video erklärt er dazu dann aber noch, die Stadt habe ja nicht durch eine Rechtsnorm oder einen Verwaltungsakt gehandelt, sondern als Veranstalter des Volksfestes, also quasi privat. Keine Behörde, nur die Stadt.

Diese Rechtsfigur, dass sich der Staat am Wirtschaftsleben beteiligt, aber eben nicht als regierender und befehlender Staat, sondern als ganz normaler wirtschaftlicher Akteur, der auf einer Ebene mit Bürgern und Unternehmen steht, ist in der Juristerei hinlänglich bekannt.

Natürlich kann der Staat bspw. Büroräume anmieten und ist dann ein ganz normaler Mieter, dessen Rechte und Pflichten innerhalb dieses Mietvertrags sich dann in erster Linie nach dem Zivilrecht richten.

Was ihm aber nicht erlaubt ist, ist eine „Flucht ins Privatrecht“. Der Staat verliert seine Staatseigenschaft nicht dadurch, dass er privatrechtliche Verträge abschließt oder sich für privatrechtliche Unternehmensformen entscheidet, siehe z.B. Prof. Dr. Dr. Wolfgang Durner, Skript Allgemeines Verwaltungsrecht, insb. Seite 9.

Und so kann die Stadt Würzburg auch nicht behaupten, sie veranstalte ja nur ein Volksfest und agiere deswegen nicht als Behörde. Gerade solche Veranstaltungen sind immer wieder Gegenstand von Streitigkeiten, zum Beispiel dann, wenn es darum geht, wer dort einen Stand eröffnen und kräftig mitverdienen darf. Zuständig dafür sind, weil es eben gegen den Staat und nicht gegen einen privaten Betreiber geht, die Verwaltungsgerichte.

Diese Problematik sollte eigentlich jeder Erstsemester kennen. Warum sie dann bei den Ausführungen von Mimikama und Rechtsanwalt Jun keine Erwähnung findet, bleibt nebulös. Auch auf Twitter haben ihn Leser mehrfach darauf hingewiesen, eine Entgegnung durch Herrn Jun erfolgte nicht.

Wenn man schon großzügig das „Quatschjura“-Etikett austeilt, sollte man auf solche Fundamente des Rechts zumindest eingehen.

Wer sich ernsthaft für die Thematik interessiert, dem sei das deutlich differenziertere Interview mit Rechtsanwalts Hotstegs auf den Seiten der Legal Tribune Online nahe gelegt:


Nachtrag (18.07.2022):

Jetzt hat auch das Verwaltungsgericht Würzburg über die Sache zu entscheiden gehabt.

Es hat zunächst ausgeführt, dass das „Verbot“ (auch im Original in Anführungszeichen) kein Verwaltungsakt sei, da es keine allgemeine Verbindlichkeit besitze. Es betrifft also nicht pauschal jeden Würzburger.

Allerdings steht ein solches Verbot sehr wohl im Vertrag zwischen der Stadt Würzburg und dem Zeltbetreiber. Demnach darf das im Festzelt „vorzuhaltende volksfesttypische Musikangebot kein Liedgut mit rassistischen, sexistischen
oder extremistischen Inhalten umfassen“. Alles, was unter diese Kategorien fällt, muss also nicht explizit verboten werden, es ist bereits verboten.

Und darum handle es sich bei der Mitteilung, das Lied „Layla“ falle in diese Kategorie, um eine verbindliche Untersagung der Darbietung des Liedes in einem bestimmten Zusammenhang:

Die Antragsgegnerin hat durch ihre Äußerungen gegenüber dem Betreiber des Festzeltes bewirkt, dass im Festzelt auf dem Kiliani-Volksfest das Lied „Layla“ nicht mehr von den dort gewerblich auftretenden Musikbands gespielt wird. Dies entfaltet nur Rechtswirkungen für das Festzelt auf dem Kiliani-Volksfest und nur in dem Zeitraum diese Festes vom 11. bis zum 17. Juli 2022.

Die Stadt hat also bewirkt, dass das Lied nicht gespielt wird. Damit handelt es sich um ein Verbot in jedem Sinne des Wortes. Dementsprechend war der Antrag auf Eilrechtsschutz nach § 123 VwGO prinzipiell statthaft. Wäre das alles ein solches „Quatschjura“ wie oben behauptet, wäre man so weit gar nicht erst gekommen.

Erfolg hatte der Antrag aber trotzdem nicht, da der Antragsteller kein gebuchter Musiker in diesem Festzelt war. Wer von dem Verbot nicht betroffen ist, kann sich dagegen auch nicht zur Wehr setzen. Das ist ein ganz allgemeiner verwaltungsrechtlicher Grundsatz.

Ob das Verbot im Ergebnis zulässig war, konnte das Gericht daher nicht mehr prüfen und hat sich dementsprechend auch nicht dazu geäußert. Aber selbstverständlich ist es ein Verbot.

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