Die Kaufpreisminderung bei einer zu kleinen Neubauwohnung

Die genaue Berechnung der Wohnfläche von Immobilien ist eine Wissenschaft. Im Mietrecht spielen Negativabweichungen von der vereinbarten Quadratmeterzahl seit jeher eine erhebliche Rolle. Aber in den letzten Jahren landen daher auch immer Fälle vor den Gerichten, bei denen Käufer neu gebauter Eigentumswohnungen Ansprüche gegen den Verkäufer geltend machen. Fast immer geht es dabei nicht um die Rückabwicklung des Vertrags, sondern um eine Reduzierung des Kaufpreises. Heute beantworten wir daher einige Fragen zu diesem Thema.

Um was für einen Vertrag handelt es sich, wenn man eine neue Eigentumswohnung kauft?

Das BGB kennt keinen „Immobilienkaufvertrag“. Dies ist aber unschädlich, da aufgrund der Privatautonomie auch Verträge abgeschlossen werden können, die nirgends gesetzlich geregelt sind (Vertrag eigener Art, „sui generis“). Außerdem ist es möglich, ein einheitliches Geschäft als Verbindung mehrerer vertypter Verträge aufzufassen.

Beim Kauf einer Neubauwohnung muss zwischen der Wohnung an sich und dem mit der Wohnung verbundenen Grundstücksanteil (§ 3 Abs. 1 WoEigG, § 1008 BGB) unterschieden werden. Der Käufer der Wohnung wird automatisch auch Miteigentümer am Gesamtgrundstück, allerdings nicht an einem bestimmten abgrenzbaren Teil des Grundstücks, sondern zu einem rechnerischen Bruchteil, der z.B. als „235 Tausendstel“ ausgedrückt wird. Während der Bau der Wohnung einen Werkvertrag darstellt, handelt es sich beim Erwerb des Grundstückseigentums um einen normalen Kauf.

Mängel an der Wohnungsgröße sind daher dem Werkvertragsrecht zuzuordnen, die Gewährleistungsrechte richten sich nach § 634 BGB.

Ist eine zu geringe Quadratmeterzahl überhaupt ein Mangel?

Sofern eine Quadratmeterzahl vereinbart wurde, schon. Während im Mietrecht vernünftigerweise keine Wohnungsgröße in den Vertrag aufgenommen wird und stattdessen „gemietet wie gesehen“ gilt, werden Eigentumswohnungen regelmäßig vermessen. Die Größe wird entweder direkt in den Vertrag oder (siehe unten) in die Verkaufsunterlagen aufgenommen.

Wenn die tatsächliche Quadratmeterzahl dann geringer ist als vereinbart, hat sie Wohnung nicht die vereinbarte Beschaffenheit und ist damit gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB mangelhaft.

Wie wird eine Circa-Angabe behandelt?

Wenn die Wohnungsgröße im Vertrag relativiert wird und bspw. „ca. 120 m²“ angegeben ist, macht der Verkäufer klar, dass er für die exakte Größe nicht haften will. Dies ist grundsätzlich möglich, da die Parteien die Leistung nicht ohne jede Schwankungsbreite vereinbaren müssen. Allerdings bedeutet „circa“ nicht, dass die Größenangabe völlig bedeutungslos ist. Die Rechtsprechung nimmt an, dass Abweichungen von maximal 10 % vertragsgemäß sind.

Bei größeren Abweichungen werden diese aber stets in Relation zur angegebenen Beschaffenheit gesetzt: Bei „ca. 120 m²“ ist eine Wohnungsgröße von 108 m² also gerade noch vertragsgemäß. Hat die Wohnung dagegen nur 102 m² ist diese nicht nur 6 m², sondern die vollen 18 m² zu klein. Dies wirkt sich insbesondere auf die weiteren Mängelrechte aus (siehe unten).

Ist eine Angabe im Bauprospekt relevant?

Grundsätzlich ist es so, dass Immobilienkaufverträge der notariellen Form bedürfen, § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies gilt für alle Vereinbarungen, also auch für Beschaffenheitsangaben der Wohnung. Diese sind nur gültig, wenn sie im Notarvertrag stehen, mündliche oder privatschriftliche Nebenabreden sind formnichtig. Allerdings werden diese Formprobleme gemäß Satz 2 der Vorschrift geheilt, sobald die Eintragung im Grundbuch erfolgt ist. Ist der Eigentumsübergang erfolgreich vollzogen wurden, wird also der gesamte Vertrag gültig, auch hinsichtlich formungültiger Vertragsteile.

Eine Information, die der Verkäufer dem Käufer gibt, wird außerdem Vertragsinhalt, auch wenn sie nicht ausdrücklich vereinbart wurde. Denn wenn der Verkäufer weiß, dass der Käufer aufgrund seines Bauprospekts eine bestimmte Vorstellung von der Wohnung hat, werden die dortigen Angaben zur Grundlage des Vertrags.

Besteht ein Vorrang der Nachbesserung?

Grundsätzlich ja, denn von den verschiedenen Mängelrechten hat nur die Nacherfüllung gemäß § 635 keine weiteren Voraussetzungen. Die Minderung der Vergütung stellt dagegen nur eine Alternative zum Rücktritt vom Vertrag dar (§ 638 Abs. 1 Satz 1), bedarf also der gleichen erheblichen Voraussetzungen.

Diese Grundregel relativiert sich aber, da der Rücktrittsgrund des § 326 Abs. 5 in aller Regel gegeben sein dürfte. Die abweichende Größe wird normalerweise erst festgestellt, wenn die Wohnung schon fertig ist. Dann ist es meist nicht mehr möglich, die Wohnung nachträglich zu vergrößern.

Zum einen kann es sein, dass die Leistung tatsächlich unmöglich ist (§ 275 Abs. 1), weil die anhand von Plänen vereinbarte Wohnung nun einmal nicht die zugleich vereinbarte Quadratmeterzahl hat; würde die Wohnung vergrößert, würde sie nicht mehr dem vertragsgemäßen Zuschnitt entsprechen. Auch rechtliche Unmöglichkeit, also die Problematik, dass man keine neue Baugenehmigung erhält, würde hierunter fallen. Wäre der Umbau möglich oder würde der Käufer zustimmen, könnte der Verkäufer den nachträglichen Umbau immer noch verweigern, weil dieser grob unwirtschaftlich wäre (§ 275 Abs. 2); das Abreißen der Außenwände und der Wiederbeginn der Bauarbeiten steht kostenmäßig in keinem Verhältnis zur meist kaum merklichen Vergrößerung der Wohnung.

Damit ist eine Nachbesserung nicht möglich bzw. nicht zumutbar, der Rücktritt ist sofort zulässig und an seiner Stelle kann die Minderung erklärt werden.

Wie wird gemindert?

Die Methode der Minderung erfolgt nach § 638 Abs. 3 Satz 1 BGB:
Bei der Minderung ist die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde.

Beispiel 1:
Wert der Wohnung mit vereinbarter Größe: 300.000 Euro
Wert der Wohnung mit tatsächlicher Größe: 240.000 Euro (-20 %)
Vereinbarter Kaufpreis: 320.000 Euro

Der Kaufpreis kann also um 20 % (also 64.000 Euro) gemindert werden und beträgt dann nur noch 256.000 Euro.

Beispiel 2:
Wert der Wohnung mit vereinbarter Größe: 500.000 Euro
Wert der Wohnung mit tatsächlicher Größe: 450.000 Euro (-10 %)
Vereinbarter Kaufpreis: 500.000 Euro

Der Kaufpreis kann um 10 % (also 50.000 Euro) gemindert werden und beträgt dann nur noch 450.000 Euro.

Beispiel 3:
Wert der Wohnung mit vereinbarter Größe: 200.000 Euro
Wert der Wohnung mit tatsächlicher Größe: 170.000 Euro (-15 %)
Vereinbarter Kaufpreis: 160.000 Euro

Der Kaufpreis kann hier um 15 % (also 24.000 Euro) gemindert werden und beträgt dann nur noch 136.000 Euro.

Wie man sieht, geschieht die Minderung also als Prozentsatz des vereinbarten Kaufpreises – ein gutes Geschäft bleibt also ein gutes Geschäft und ein schlechtes ein schlechtes. Wer einen zu hohen Preis vereinbart hat, zahlt auch nach der Minderung noch zu viel, allerdings in nur noch in Relation zum tatsächlichen Wert.

Nun gibt es aber auch noch die Möglichkeit, „kleinen Schadenersatz“ nach §§ 634 Nr. 4 und 281 Abs. 1 zu verlangen. Der Schaden besteht insoweit darin, dass man für sein Geld weniger bekommt als man eigentlich bekommen sollte. Dieser Schadenersatz wird als Differenz zwischen dem vertragsgemäßen und dem tatsächlichen Wert berechnet – der vereinbarte Kaufpreis bleibt also insoweit außer Betracht. Im Beispiel 1 beträgt dieser Schaden also 300.000 – 240.000 60.000 Euro, im Beispiel 2 500.000 – 450.000 = 50.000 Euro, im Beispiel 3 dagegen 200.000 – 170.000 = 30.000 Euro. Diese Art der Schadensberechnung ist demnach nur in Beispiel 3 interessant für den Käufer, da er so immerhin 6.000 Euro mehr bekommt als die eigentlich fälligen 24.000 Euro. Hat er zuviel gezahlt (Beispiel 1), ist die Minderung günstiger, entsprach der Preis genau dem Marktwert (Beispiel 2), kommen die beiden Methoden zum selben Ergebnis. Ein Schadenersatzverlangen rentiert sich also nur, wenn man einen geringeren Kaufpreis als den objektiven Wert gezahlt hat und sich daher ein Minderungsbetrag prozentual verringern würde – dann ist der Schadenersatz, der sich nach dem (höheren) objektiven Wert richtet, günstiger. Allerdings ist ein Schadenersatzanspruch stets vom Verschulden des Vertragspartners abhängig, § 280 Abs. 1 Satz 2.

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