Wahlcomputer und Wahlrechtsgrundsätze

Wahlcomputer sind laut BVerfG in der bisher verwendeten Form unzulässig – so der bisherige Stand der Rechtsprechung. Der Wähler müssen nachprüfen können, dass seine Stimme korrekt gezählt werde, und nicht nur darauf vertrauen müssen, dass der Computer schon alles richtig macht. Nicht so sehr eingegangen wurde dagegen, soweit ich die Presse bisher verfolgt habe, auf die Problematik der geheimen Wahl. Denn ob die Stimme wirklich nicht dem jeweiligen Wähler zuordenbar ist, kann man auch von außen nicht sehen. Diese Diskussion gab es dagegen schon bei einer Wahlrechtsneuerung, die für uns heute völlig alltäglich ist: Als in Bayern in den 50er-Jahren auf Initiative der Bayernpartei die Briefwahl eingeführt wurde, hat sich die SPD vehement dagegen ausgesprochen – sie sah das Wahlgeheimnis in Gefahr.

Aber, tempora mutantur, mittlerweile dürften sich alle Parteien damit abgefunden haben. In zahlreichen Ländern wird mittlerweile auch auf das Erfordernis, dass man am Wahltag tatsächlich verhindert sein muss, verzichtet. Diese Voraussetzung wurde freilich schon längst durch die normative Kraft des Faktischen erheblich aufgeweicht. Es ist nunmal bedeutend praktischer, daheim sein Kreuz zu machen – zumal bei den in Bayern beliebten Wahlen mit Personenstimme (Kommunalwahl, Bezirkstag, Landtag) dann jeder Kandidat jeder Liste eigens aufgeführt ist und das gern mal zu DIN A1 großen Wahlzetteln führt. Und auch das Wahlgeheimnis ist einigermaßen zuverlässig gewahrt: Wenn das zuständige Personal den Wahlschein und den Stimmzettel gemeinsam auspackt und danach räumlich trennt, sollte die Zuordenbarkeit weitgehend zerstört sein.

Aber zurück zu den Wahlcomputern: Ich halte die bisherige Rechtsprechung für richtig. Ich bin ja nun definitiv nicht technikfeindlich. Im Gegenteil, ich schätze sehr, was mit modernen Computer alles möglich ist. Nur will ich bei so einer wichtigen Entscheidung wie einer Wahl, dass eben möglichst wenig möglich ist – vor allem möglichst wenig Unbefugtes. Praktisch fände ich es, wenn man statt mit Zettel und Stift am Computer seinen Wahlzettel ausfüllen würde und dieser ausgedruckt und abgegeben würde – also das Abstimmungsverhalten überhaupt nicht elektronisch erfaßt wird. Bei der Münchner Stadtratswahl gab es einen Online-Stimmzettel, auf dem man das ganze Kumulieren und Panaschieren üben konnte. Wenn der Bildschirm in der Wahlkabine dann gleich eine Plausibilitätskontrolle anzeigen würde, könnte man die unfreiwillig ungültigen Stimmen deutlich verringern.

Allerdings: Nur wegen dieses relativ geringen Effekts teure, fehleranfällige und wartungsintensive Geräte anzuschaffen, lohnt sich dann halt doch wieder nicht. Ohne erkennbaren und zählbaren Nutzen sollte man keine potentiellen Probleme in den Wahlvorgang einbauen. Und dann gibt es noch einen Gesichtspunkt, den ich schwerlich ein Argument nennen mag: Es gehört zu einer Wahl einfach dazu, dass das Endergebnis nicht schon um zehn nach sechs feststeht. Es gibt zuerst eine Prognose, dann eine Hochrechnung und schließlich trudeln die tatsächlichen Ergebnisse so langsam ein. Wahlkreis für Wahlkreis. So ein Wahlabend hat einfach eine eigene Faszination und es wäre schon schade, wenn die verlorenginge.

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