Das kommunalrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot

Kommunen wirtschaften mit Geld, oft mit sehr viel Geld. Dabei ist es im kommunalen, wie in jedem anderen politischen Bereich so, dass die Entscheidungsträger nicht ihr eigenes Geld ausgeben, sondern das der Bürger. Der Staat hat nämlich, wenn man es genau nimmt, kein Vermögen, keine Schulden, keine Einnahmen oder Ausgaben und keine – wie es immer so schön heißt – Steuerüberschüsse. All die Milliarden, mit denen Bund, Länder und Gemeinen spielen, haben sie dem Bürger zuerst abgenommen.

Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit

Daher resultiert auch eine gewisse Verantwortung. Diese wird als das Prinzip der Sparsamkeit oder als Wirtschaftlichkeitsgebot bezeichnet. In Bayern ist dieses Prinzip auch gesetzlich festgelegt. Art. 61 der Gemeindeordnung, Art. 55 der Landkreisordnung und Art. 53 der Bezirksordnung sehen jeweils in Abs. 2 Satz 1 gleichlautend vor:

Die Haushaltswirtschaft ist sparsam und wirtschaftlich zu planen und zu führen.

Hieraus werden zwei korrespondierende Grundsätze abgeleitet:

  • Das Minimalprinzip besagt, dass jede Aufgabe grundsätzlich mit so wenig Mitteln wie möglich bewältigt werden muss.
  • Das Maximalprinzip besagt, dass jeder Mitteleinsatz einen möglichst großen Effekt haben muss.
  • Aus diesen beiden Prinzipien wiederum wird das Quotientenprinzip gebildet, wonach die Kommune stets dafür sorgen muss, dass der Ertrag einer Maßnahme in möglichst gutem Verhältnis zum Aufwand steht.

Minimal- und Maximalprinzip können sich hochsteigern

Das Zusammenspiel dieser beiden Prinzipien ist nicht ungefährlich, da sich diese „hochsteigern“ können. Ein Beispiel hierzu:

  • Die Gemeinde will ihren Park mit 10 m² Blumenbeeten verschönern. Hierfür holt sie verschiedene Angebote ein. Eines lautet auf 1200 Euro, eines auf 1500 Euro, das letzte schließlich auf 1000 Euro. Nach dem Minimalprinzip ist das dritte zu nehmen.
  • Nun könnte sie aber für 1100 Euro insgesamt 12 m² bekommen. Dadurch wird das Quotenprinzip gewahrt, weil nun auf einmal der Quadratmeterpreis geringer ist. Aus den ersten 1000 Euro werden nach dem Maximalprinzip auch mehr rausgeholt – es müssen nur 100 zusätzliche Euro investiert werden. Dafür erhält die Gemeinde zwei zusätzliche Quadratmeter, die sie aber eigentlich gar nicht braucht.

Wirtschaftlichkeit beinhaltet Ermessen

Die Frage, wie der Nutzen zu bewerten ist, ist ebenfalls sehr relativ. Den Entscheidungsträgern wird dabei ein erheblicher Beurteilungsspielraum zugebilligt. Die Literatur (z.B. Klaus Lange, Kommunalrecht) geht sogar soweit, dass eine Maßnahme nicht schon dann unwirtschaftlich ist, wenn sie auch wirtschaftlicher durchgeführt werden kann. Es gibt also mehrere unterschiedlich wirtschaftliche Optionen, von denen keine allein deswegen unwirtschaftlich ist, nur weil eine andere wirtschaftlicher wäre. Unwirtschaftlichkeit liegt nur dann vor, wenn das Handeln nicht mehr vertretbar oder mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit unvereinbar ist.

Das Ermessen der Kommunen ist also sehr weit, die Hürden für rechtswidriges Handeln sind sehr hoch. Eine solche abstrakte Unwirtschaftlichkeit wird daher in aller Regel kaum anzunehmen sein.

Konkretes Wirtschaftlichkeitsgebot: Werterhaltung

Etwas einfacher zu fassen ist dagegen die konkrete Unwirtschaftlichkeit. Diese bezieht sich allerdings nur auf Veräußerungsgeschäfte (sowie über Abs. 2 der jeweiligen Vorschriften auch auf Vermietungen, nicht jedoch auf Wohn- und Kleingewerberäume):

Vermögensgegenstände dürfen in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden.

(Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO, Art. 69 Abs. 1 Satz 2 LKrO, Art. 67 Abs. 1 Satz 2 BezO)

Auch der „volle Wert“ ist nicht so einfach zu fassen, da Vermögensgegenstände in aller Regel keinen Preisaufkleber tragen. Aber dieser Wert lässt sich notfalls zumindest gutachtlich klären. Da der Preis (sogar dann, wenn der Staat involviert ist) normalerweise auf dem Markt gebildet wird, dürfte die Gemeinde aber schon dann rechtmäßig handeln, wenn sie den Verkauf formal korrekt abgewickelt hat, also nach den einschlägigen Vorschriften Angebote eingeholt hat. Die Behauptung, man habe damit den maximalen Ertrag erzielt und mehr sei auf dem Markt einfach nicht herauszuholen gewesen, ist dann wohl kaum zu widerlegen.

Absolutes Schenkungsverbot

In fast jedem Fall unzulässig ist jedoch das Verschenken und unentgeltliche Überlassen von Gemeinde-, Landkreis- und Bezirksvermögen. Dies legen wiederum übereinstimmend Art. 75 Abs. 2 Satz 1 GO, Art. 69 Abs. 2 Satz 1 LKrO und Art. 67 Abs. 2 Satz 1 BezO fest.

Nicht darunter fallen – jeweils Satz 2 – „herkömmliche Anstandsschenkungen“ wie z.B. ein formschöner Teller mit dem Gemeindewappen zum 80. Geburtstag und ähnliche Auszeichnungen. Diese Fälle dürften selten für Probleme sorgen.

Ausnahme: Gegenwert durch Aufgabenerfüllung

Anders dagegen die weitere Ausnahme: Überlassungen und Schenkungen sind zulässig, wenn sie „in Erfüllung von Gemeinde-/Kreis-/Bezirksaufgaben“ geschehen. Der Hintergrund ist derjenige, dass hier keine echte Schenkung vorliegt.

Übereignet bspw. der Landkreis ein Grundstück an ein privates Unternehmen, damit dieses dort eine Müllverbrennungsanlage betreibt, dann werden durch die thermische Verwertung von Abfällen die Ziele des Art. 1 Abs. 1 Nr. 4 Abfallwirtschaftsgesetz erfüllt, für die die Landkreise gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 zuständig sind. Die unentgeltliche Veräußerung ist hier also keine freigebige Vermögensübertragung, die es in der Kommunalwirtschaft nicht geben darf, sondern sie ist Teil des Gesamtgeschäfts. Dadurch, dass das Unternehmen keine Mittel für die Anschaffung des Grundstücks aufwenden muss, kann es seine Leistung günstiger anbieten. Der Landkreis nützt also sich selbst, nicht anderen.

Allgemeines Wirtschaftlichkeitsgebot weiter anwendbar

Damit kann aber nur eine Abweichung vom allgemeinen Schenkungsverbot begründet werden, die übrigen Regelung der Kommunalwirtschaft bleiben unberührt. Damit ist die Veräußerung weiterhin am allgemeinen Wirtschaftlichkeitsprinzip (siehe oben) zu messen. Zulässig ist damit nur eine wirtschaftlich vernünftige Schenkung, der nicht nur irgendein Gegenwert im Rahmen des kommunalen Aufgabenfelds entgegensteht, sondern vielmehr ein angemessener Gegenwert.

Auch die allseits beliebten Einheimischenmodelle wird man hierunter fassen können. Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO besagt bereits, dass Vermögen „in der Regel“ nur zum vollen Wert verkauft werden darf. In begründeten Ausnahmefällen kann hiervon abgewichen werden. Dies dürfte in den Fällen des Abs. 3 Satz 2 jedenfalls gegeben sein: Denn wenn sogar eine Schenkung hier gerechtfertigt ist, dann muss es eine verbilligte Veräußerung erst recht sein. Der Wohnungsbau gehört überdies zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinden gemäß Art. 83 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung. Wenn also die Gemeinde den Bürgern Grundstücke überlässt, damit diese dort Wohnhäuser errichten, dann geschieht bereits die Überlassung „in Erfüllung einer Gemeindeaufgabe“. Angesichts des weiten Ermessens im Rahmen des abstrakten Wirtschaftlichkeitsprinzips dürften dabei vielerlei Gestaltungsmöglichkeit und weitgehende Preisnachlässe zulässig sein.

Zusammenfassung

Unzulässig sind also

  • Schenkungen, die nicht der Erfüllung von Aufgaben oder Anstandspflichten dienen,
  • Veräußerungen und Vermietungen unter dem Wert, wenn nicht ein atypischer Ausnahmefall vorliegt, und
  • finanzielle Tätigkeiten, die unvertretbar oder völlig unwirtschaftlich sind.

Dabei sind aber stets alle diese Kriterien zu prüfen und es ist ausreichend, wenn eines davon erfüllt ist.

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