Die Frage, wie es nach dem Tod eines Gesellschafters mit dem Unternehmen weitergeht, ist meistens ziemlich heikel. Man muss vernünftigerweise – allen Unwägbarkeiten zum Trotz – vorsorgen und Entscheidungen treffen, wem die erheblichen Vermögenswerte, die eine solche Gesellschaft verkörpert, zustehen sollen. Die gesetzlichen Regelungen sind hierfür meist nicht ausreichend und führen häufig zu Konstellationen, die dem weiteren Bestand des Unternehmens schaden würden. Daher ist eine sorgfältige Vorausplanung und die Verankerung sinnvoller Regelungen im Gesellschaftsvertrag zwingend.
A. Kapitalgesellschaften und Kommanditanteil: Keine Probleme
Kapitalgesellschaften wie die GmbH und die verschiedenen Aktiengesellschaft, also die „normale“ AG, die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) und die europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea, S.E.), sind vom Tod einzelner Anteilsinhaber völlig unabhängig.
Auch die Anteile an Kapitalgesellschaften sind ohne Weiteres übertragbar und vererblich. Dies gilt sowohl für GmbH-Anteile (§ 15 Abs. 1 GmbHG) als auch für die Aktiengesellschaft. Die Anteile sind also Teil des Vermögens und können ohne Zustimmung der anderen Anteilsinhaber wie andere Vermögensgegenstände übertragen und damit auch vererbt werden.
Für den Kommanditanteil an einer KG gilt dasselbe. Dieser ist gemäß § 177 HGB vererblich, da er lediglich eine Art Kapitalbeteiligung darstellt.
B. Personengesellschaften: Persönliche Beziehung verlangt einvernehmliche Lösung
Anders ist dies bei übrigen Anteilen an Personengesellschaften. Diese sind in aller Regel an eine bestimmte Person gebunden – man sucht sich eben aus, mit wem man ein Unternehmen betreiben will, und will nicht plötzlich jemanden vorgesetzt bekommen, der mit seinem geschäftlichen Unverstand möglicherweise erhebliche Verluste herbeiführt. Daher sehen die gesetzlichen Regularien für diese Gesellschaften kein automatisches Nachrücken der Erben vor.
I. Gesetzliche Folgen des Gesellschaftertods
Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaft, GbR) ist die grundsätzliche Folge des Todes eines Gesellschafters die Auflösung der Gesellschaft (§ 727 Abs. 1 BGB). Um dies durchzuführen, entsteht eine Liquidationsgesellschaft mit den Erben. Diese führt die Auflösung der Gesellschaft durch, ist also nur dazu da, das erworbene Vermögen zu „versilbern“ und es unter den Gesellschaftern bzw. Erben zu verteilen. Soll die Gesellschaft nicht von Gesetzes wegen beendet werden, muss im Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsklausel vereinbart werden, die von der gesetzlichen Regelung abweicht.
Bei einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) scheidet ein verstorbener Gesellschafter aus, während die übrigen die Gesellschaft fortsetzen (§ 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB).
Bei der Partnerschaftsgesellschaft werden die Regelungen über die OHG gemäß § 9 Abs. 1 PartG analog angewandt.
Das gleiche gilt gemäß § 161 Abs. 2 HGB, wenn der persönlich haftende Gesellschafter (Komplementär) aus einer KG ausscheidet.
1. Fortsetzungsklausel
Eine Beendigung der Gesellschaft ist meist nicht erwünscht. Denn erhebliche Werte wie gewachsene Kundenbeziehungen gehen dadurch in aller Regel verloren und können auch durch Gründung einer neuen Gesellschaft unter Einschluss zumindest eines Teils der bisherigen Gesellschafter nicht vollständig gerettet werden.
Eine Fortsetzungsklausel im Vertrag vermeidet die Auflösung der Gesellschaft, soweit diese durch das Gesetz vorgesehen ist. Die Klausel ist also nur bei der GbR notwendig, siehe oben. In anderen Gesellschaftsverträgen schadet sie zumindest nicht und kann notfalls auch klarstellenden Charakter haben.
In diesem Fall scheidet aber grundsätzlich der verstorbene Gesellschafter trotzdem aus. Sein Anteil wächst den übrigen Gesellschafter an (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB), jeder erhält also entsprechend mehr, sodass alle Anteile zusammen wieder 100 % ergeben. Verbleibt nur ein Gesellschafter, gibt es keine Gesellschaft mehr, da eine solche immer aus mehreren Personen bestehen muss; der letzte Gesellschafter übernimmt vielmehr das Gesellschaftsvermögen in sein Privatvermögen.
Zudem sollte festgelegt werden, ob und wie die Erben statt des Gesellschaftsanteils eine Abfindung erhalten, siehe unten.
2. Auflösungsklausel
Als Gegenstück zur Fortsetzungsklausel kann bei den übrigen Gesellschaftstypen, bei denen das Gesetz die Fortsetzung vorsieht, die Auflösung und Auseinandersetzung der Gesellschaft vereinbart werden. Dies ist die alleinige Entscheidung der Gesellschafter, wenn sie der Meinung sind, dass im Todesfall die Auflösung der Gesellschaft die bessere Vorgehensweise ist.
II. Nachfolge einer anderen Person
Mit der Frage, ob und wie die Gesellschaft fortgesetzt wird, ist aber noch nicht geklärt, wer an die Stelle des Verstorbenen tritt.
1. Vertragliche Nachfolgeklausel
Eine rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel, also die Benennung einer bestimmten Person als Nachfolger im Gesellschaftsvertrag, ist nicht zulässig. Denn dies wäre bei Personengesellschaften ein Vertrag zu Lasten Dritter, da ein Gesellschafter auch mit seinem Privatvermögen haftet (§ 128 HGB).
Eine derartige Gestaltung wäre nur möglich, wenn der Dritte zustimmt. Diese Variante könnte dann aber dazu führen, dass der Dritte eine gesicherte Rechtsposition erhält und die Gesellschafter sich nicht mehr anders entscheiden können – es bedürfte also zusätzlicher Rücktrittsrechte.
2. Einfache Nachfolgeklausel
Bei einer einfachen Nachfolgeklausel vereinbaren die Gesellschafter, dass der Anteil vererblich ist. An wen der Anteil vererbt wird, entscheidet der Erblasser dann selbst in der üblichen erbrechtlichen Weise, also durch letztwillige Verfügung oder im Weg der gesetzlichen Erbfolge. Insoweit handelt es sich um den seltenen Fall einer Sonderrechtsnachfolge, bei der ein bestimmter Vermögensteil unmittelbar einer Person zugewandt wird.
Dabei kann der Gesellschaftsanteil auch im Wege des Vermächtnisses zugewandt werden; die Erben erhalten dann zwar zunächst den Anteil, müssen ihn aber an den Vermächtnisnehmer herausgeben, also übereigenen.
Möchte der Bedachte nicht in die Gesellschaft eintreten, muss er das Erbe vollständig ausschlagen.
3. Qualifizierte Nachfolgeklausel
Um dies etwas einzuengen, kann auch eine qualifizierte Nachfolgeklausel vereinbart werden. In diesem Fall kann im Gesellschaftsvertrag näher bestimmt werden, an wen der Anteil vererbt werden darf. Diese Person bzw. Personen können namentlich oder anhand bestimmter Kriterien (z.B. nur studierte Betriebswirte, nur Schreinermeister, niemand unter 25 Jahren) festgelegt werden. Wird der Anteil einer anderen Person vererbt oder erfüllt keiner der Erben die Voraussetzungen, so geht die Klausel ins Leere, eine Nachfolge findet damit nicht statt.
4. Eintrittsklausel
Bei einer Eintrittsklausel scheidet zunächst der Erblasser mit dem Todesfall aus der Gesellschaft aus. Die Klausel erlaubt es dann aber dem Erben (bei einer qualifizierten Eintrittsklausel dem Erben, der eine bestimmte Bedingung erfüllt), in die Gesellschaft einzutreten. Es handelt sich somit um einen Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall.
III. Abfindung nichteintretender Erben
Treten die Erben nicht ein, so stellt sich die Frage, ob sie für den Verlust ihres Anteils eine Entschädigung bekommen. Das Gesetz sieht vor, dass die Erben eine Abfindung erhalten, die dem Auseinandersetzungsguthaben entspricht (§ 738 Abs. 1 Satz 2 BGB). Es werden also sämtliche Vermögenswerte der Gesellschaft bewertet, so als würde man diese auflösen, und hieraus der Anteil errechnet, der auf den verstorbenen Gesellschafter entfallen wäre.
Das bedeutet jedoch, dass die Gesellschaft eine ganz erhebliche Summe auszahlen muss. Bei kleinen Gesellschaften heißt dies, dass plötzlich ein Viertel oder ein Drittel des Vermögens „locker gemacht“ werden muss. Viele Unternehmen haben aber keine größeren Geldbestände verfügbar, sondern ihr Vermögen in Maschinen, Grundstücken oder sonstigen Sachwerten gebunden. Ein Verkauf wäre wirtschaftlicher Selbstmord, ein hohes Darlehen wäre hochgradig unvernünftig.
Daher ist es nach gefestigter Rechtsprechung möglich, den Abfindungsanspruch der Erben im Gesellschaftsvertrag zu verringern oder ganz auszuschließen.
C. Zusammenfassung
Die Planungen für den Fall des Todes eines Gesellschafters brauchen eine diffizile Vertragsgestaltung, die ohne anwaltlichen Rat schwer zu bewältigen ist. Dabei ist zum einen die Frage der Fortsetzung, zum anderen die des designierten Nachfolgers zu klären. Hinzu kommt aber häufig auch noch das Verlangen nach Flexibilität, damit sich der Erblasser nicht vorzeitig auf eine bestimmte Person festlegen muss. Schließlich darf auch die finanzielle Situation der verbleibenden Gesellschaft, falls es zum Ausscheiden kommt, nicht vernachlässigt werden.