Die „Passauer Giftfalle„, über die der BGH heute vor 15 Jahren entschieden hat, ist ein wahrhaft kurioser Fall, der aber auch juristisch einigen Gehalt hat. Das Urteil bedarf keiner großen Erklärungen, der Tatbestand spricht für sich:
Nach den Feststellungen waren Anfang März 1994 Unbekannte in das Einfamilienhaus des Angeklagten eingedrungen, hatten sich in der im Erdgeschoß gelegenen Küche warme Speisen zubereitet und auch dort vorhandene Flaschen mit verschiedenen Getränken ausgetrunken. Weiter waren Geräte der Unterhaltungselektronik in das Dachgeschoß des Hauses verbracht worden. Die vom Angeklagten am 6. März 1994 verständigte Polizei ging deshalb davon aus, die Täter könnten an den folgenden Tagen noch einmal zurückkehren, um die zum Abtransport bereitgestellte Diebesbeute abzuholen. In der Nacht vom 8. auf den 9. März 1994 hielten sich deshalb vier Polizeibeamte in dem Haus auf, um dort mögliche Einbrecher ergreifen zu können.
Zugleich hatte sich der Angeklagte, ein Apotheker, schon am Nachmittag des 8. März 1994 aus Verärgerung über den vorangegangenen Einbruch dazu entschlossen, im Flur des Erdgeschosses eine handelsübliche Steingutflasche mit der Aufschrift „Echter Hiekes Bayerwaldbärwurz“ aufzustellen, die er mit 178 ml eines hochgiftigen Stoffes und 66 ml Wasser füllte und wieder verschloß. Im Wissen darum, daß bereits der Konsum geringster Mengen der genannten Mischung rasch zum Tode führen könne, nahm der Angeklagte es beim Aufstellen dieser Flasche jedenfalls in Kauf, daß möglicherweise erneut Einbrecher im Haus erscheinen, aus der Flasche trinken und tödliche Vergiftungen erleiden könnten. Später kamen dem Angeklagten Bedenken, da er die observierenden Polizeibeamten nicht eingeweiht hatte und er nunmehr erkannte, daß auch ihnen von der Giftflasche Gefahr drohte. Er wies die Beamten, die die Flasche nicht angerührt hatten, auf deren giftigen Inhalt hin. Am nächsten Morgen wurde er telefonisch von einem Kriminalbeamten aufgefordert, die Giftflasche zu beseitigen. Er lehnte dies zwar zunächst ab, erklärte sich aber auf Zureden des Beamten schließlich damit einverstanden, daß jener die Flasche sicherstellte.
Nach Auffassung des Landgerichts hat der Angeklagte die Schwelle zum Versuch eines Tötungsdelikts noch nicht überschritten.