Wahlprüfung – für den Bundestag und durch den Bundestag

Kaum ist die Bundestagswahl vorbei, beginnt die Vorbereitung für eine der Pflichten des Parlaments: Es prüft, ob es eigentlich korrekt gewählt wurde oder ob sich die Abgeordneten selbst wieder nach Hause schicken müssen.

So will es das Grundgesetz, nämlich Art. 41 Abs. 1 Satz 1 GG:

Die Wahlprüfung ist Sache des Bundestages.

Dass der Bundestag hier zum Richter in eigener Sache wird, lässt sich wohl vor allem mit parlamentarischer Tradition begründen. Bereits US-Verfassung (1776), die österreichische Verfassung von 1848 und die Weimarer Reichsverfassung (1919) haben dies so vorgesehen. Ob diese Tradition eine gute ist, darüber kann man sicher streiten.

Das Wahlprüfungsverfahren ist im Wahlprüfungsgesetz (WPG) geregelt. Das Prozedere ist mehrstufig und wandelt die Feststellung, „der Bundestag“ (also das gesamte Parlament) sei zur Prüfung berufen, doch erheblich ab.

  • Zunächst braucht es einer Beschwerde, die jeder Wahlberechtigte einlegen kann (§ 2 Abs. 2 WPG).
  • Tatsächlich obliegt die Prüfung im Wesentlichen dem sogenannten Berichterstatter, einem einzelnen Abgeordneten (für den in aller Regel seine Mitarbeiter tätig werden dürften), der die Sachlage dann dem Wahlprüfungsausschuss vorträgt. (§§ 5 Abs. 1, 7 Abs. 1 Satz 1 WPG)
  • Dieser besteht aus neun Mitgliedern und stimmt über die Beschwerde ab. Diese Abstimmung wird als Entscheidungsvorschlag dem Bundestag vorgelegt. (§ 11 Satz WPG)
  • Der Bundestag fällt dann die endgültige Entscheidung (§ 13 WPG)
  • Gegen die Entscheidung des Bundestag ist Beschwerde zum Bundesverfassungsgericht möglich (§ 18 WPG, § 48 BVerfGG).

Der Inhalt der Beschwerden ist regelmäßig ähnlich. Nach jeder Wahl wird die Fünfprozenthürde bemängelt. Auch die Wahl über starre Landeslisten wird kritisiert, weil dadurch keine unmittelbare Wahl mit persönlichen Stimmen für einzelne Kandidaten gewährleistet sei. Die Zurückweisung dieser Beschwerden, die allgemein sind und sich gegen gesetzliche Bestimmungen richten, sind lediglich Formsache. Schon aus kompetenzrechtlichen Gründen wäre der Bundestag hier gar nicht befugt, eine Entscheidung zu treffen, da die Verwerfungskompetenz für Gesetze (also die Feststellung, dass diese dem Grundgesetz widersprechen) ausschließlich beim Bundesverfassungsgericht liegt.

Daneben gibt es regelmäßig noch Beschwerden gegen konkrete Rahmenbedingungen der Wahl, namentlich die Nominierung von Kandidaten. Hier glauben immer zahlreiche Bürger, dass es zu Unregelmäßigkeit bei der Aufstellung der Listen oder der Direktbewerber gekommen ist. Dabei sind die Prüfungsmöglichkeiten des Bundestags ähnlich gering wie die der zuständigen Wahlleiter. Sie alle müssen sich darauf verlassen, dass die von den Parteien eingereichten Unterlagen korrekt sind. Wenn sich daraus keine Fehler ergeben, hat auch die Wahlprüfung in aller Regel keine Chance.

Und so verwundert es nicht, dass Wahlprüfungen praktisch nie erfolgreich sind. Die tatsächlich relevanten Entscheidungen (wie die Problematik der Überhangmandate bei der Bundestagswahl oder die Sperrklausel bei der Europawahl) geschehen durch das Bundesverfassungsgericht. Dann aber meist durch Organstreitverfahren oder Verfassungsbeschwerden, nicht durch Wahlprüfungsbeschwerden.

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