Grundzüge des Polizeirechts

Tiefgehendere Informationen zum bayerischen Polizeirecht finden Sie auf http://bayerisches-polizeirecht.de.

Das Polizeirecht regelt die Frage, wann und wie die Polizei handeln darf. Das wesentliche Gesetz hierfür ist das Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz, PAG). Einige wenige relevante Regelungen finden sich auch noch im Gesetz über die Organisation der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiorganisatioonsgesetz, POG).

Polizei im Sinne des Polizeirechts ist grundsätzlich die gesamte Vollzugspolizei, also das, was man auch gemeinhin als Polizei versteht (Art. 1 PAG). Dies bezeichnet man als eingeschränkt-institutionellen Polizeibegriff.

I. Zuständigkeit der Polizei

Die Aufgaben der Polizei findet man in Art. 2 PAG. In Abs. 1 ist der Grundsatz normiert, dass die Polizei „die allgemein oder im Einzelfall bestehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren“ hat. Diese sehr umfassende Zuständigkeit erfährt aber insofern eine Einschränkung als die Polizei nur subsidiär handeln darf, also dann, wenn „die Abwehr der Gefahr durch eine andere Behörde nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint“ (Art. 3).

Nach Art. 3 des Polizeiorganisationsgesetzes ist jeder bayerische Polizeibeamte im gesamten Gebiet des Freistaats zuständig. Soweit es also örtlich abgegrenzte Zuständigkeiten verschiedener Polizeireviere, Polizeieinheiten o.ä. gibt, wirken diese nur im Innenverhältnis. Ob gegenüber dem Bürger ein „an sich unzuständiger“ Beamter handelt, ist nicht relevant.

II. Eingriffsbefugnisse

Für die Befugnisse der Polizei ist zunächst einmal zwischen präventiver (gefahrenabwehrender) und repressiver (strafverfolgender) Tätigkeit zu unterscheiden. Erstere richtet sich nach dem PAG, letztere nach StPO und OWiG.

Nach dem PAG ist die Polizei zum Einschreiten befugt, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit (Indiviualrechtsgüter oder die Rechtsordnung insgesamt, also geschriebene Regeln) oder für die öffentliche Ordnung (ungeschriebene Regeln des Zusammenlebens) vorliegt. Eine Gefahr ist dann anzunehmen, wenn zumindest objektive Anhaltspunkte für eine Gefahr gegeben sind.

Hierbei gibt es zum einen Standardbefugnisse mit häufigen polizeilichen Maßnahmen (Art. 12 bis 48 PAG), die einzeln aufgeführt sind, zum anderen aber auch die Generalklausel (Art. 11 Abs. 1), die praktisch zu allen Maßnahmen ermächtigt.

Dabei muss die Maßnahme aber auch verhältnismäßig sein, insbesondere muss sie das mildeste zur Verfügung stehende Mittel sein und darf keine höherwertigen Rechtsgüter verletzen als dasjenige, das zu schützen ist. Hinzu kommt aber auch die Notwendigkeit einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung, die aber gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (§ 114 VWGO) und daher selten zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme führt.

III. Zwangsmaßnahmen

Durch Zwangsmaßnahmen werden Primärmaßnahmen der Polizei durchgesetzt. Nicht wichtig ist dabei, ob die Primärmaßnahme rechtmäßig ist. Es reicht, wenn diese vollziehbar, also wirksam und nicht etwa nichtig ist.

Zwangsmaßnahmen sind:

  • Ersatzvornahme (Art. 55 PAG) – die Polizei nimmt die vertretbare Handlung selbst vor
  • Zwangsgeld (Art. 56 PAG) – kaum relevant, da damit keine schnelle Durchsetzung bewirkt wird
  • Unmittelbarer Zwang (Art. 58 PAG) – Einwirkung auf Personen und Sachen durch körperliche Gewalt oder Hilfsmittel

Die Androhung der Zwangsmaßnahme ist ein Verwaltungsakt, kann also jedenfalls mit der Anfechtungs- bzw. Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffen werden. Die Anwendung des Zwangsmittels wurde früher als VA dahingehend, das Zwangsmittel zu dulden angesehen. Heute wird die Anwendung dagegen eher als Realakt begriffen, sodass eine Klage auf nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit zu erheben ist.

IV. Unmittelbare Ausführung/Sofortvollzug

Neben dieser zweistufigen Vorgehensweise gibt es aber noch die Möglichkeit der unmittelbaren Ausführung bzw. des Sofortvollzugs. In diesen Fällen wird die Maßnahme nicht erst angeordnet, sondern gleich durch die Polizei ausgeführt.

Die unmittelbare Ausführung der Maßnahme (Art. 9 Abs. 1 PAG) erfasst hier nur vertretbare Handlungen, die mit dem mutmaßlichen Willens des Betroffenen vorgenommen werden. Der Sofortvollzug kann dagegen auch für alle Handlungen (auch unvertretbare) angewandt werden, die gegen den Willen des Betroffenen erfolgen.

Bei unmittelbarer Ausführung und Sofortvollzug muss die hypothetische Primärmaßnahme aber rechtmäßig und nicht nur wirksam sein. Hierdurch soll eine gewisse Hürde für übereilte polizeiliche Sofortmaßnahmen aufgestellt werden.

Es handelt sich um einen Realakt, da gerade nicht eine polizeiliche Anordnung, sondern eine Handlung vorliegt.

V. Kostenerhebung

Während die allgemeine Polizeitätigkeit als hoheitliche Aufgabe aus Steuermitteln finanziert wird, ist für bestimmte Handlungen eine Kostenpflicht des Betroffenen vorgesehen. Insoweit gelten grundsätzlich das Kostengesetz und die Polizeikostenverordnung.

Voraussetzung für die Kostenerhebung ist jedoch die Rechtmäßigkeit der kostenauslösenden Handlung. Art. 16 Abs. 5 KG schreibt fest, dass unrichtiger Sachbehandlung keine Kosten erhoben werden dürfen. Allerdings ist ein nicht angefochtener und damit bestandskräftiger Verwaltungsakt als rechtmäßig anzusehen. Daher dürfen diese VA nur summarisch überprüft werden.

Kostenschuldner ist der Veranlasser der polizeilichen Handlung, also der nach Art. 7 oder 8 PAG Verantwortliche. Wer eine bloße Anscheinsgefahr verursacht hat, ist zur Kostentragung aber nur dann verpflichtet, wenn er die Gefahr in zurechenbarer Weise gesetzt hat, ihm also klar sein musste, dass ein Beobachter eine Gefahr annehmen konnte.

Die Kosten werden durch einen besonderen Verwaltungsakt, den Leistungsbescheid (Art. 23 Abs. 1 VwZVG) festgesetzt.

VI. Schadensausgleich

Schließlich stellt sich noch die Frage, ob man Ersatz für die aus einer polizeilichen Maßnahme entstandenen Schäden verlangen kann.

Klar ist, dass der Verantwortliche bei einer rechtmäßigen Maßnahme keinen Anspruch hat. Der Nichtverantwortliche kann allerdings den Entschädigungsanspruch des Art. 70 PAG verlangen.

Dementsprechend ist auch klar, dass bei einer rechtswidrigen Maßnahme ein Amtshaftungsanspruch (Art. 34 GG, § 839 BGB) sowie aus enteignungsgleichem oder aufopferungsgleichem Eingriff gegeben ist. Der Nichtverantwortliche kann zusätzlich den Anspruch aus Art. 70 PAG beanspruchen.

Lag nur eine Putativgefahr so, so besteht ein Anspruch aus Art. 70 Abs. 2 PAG analog.

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