WhatsApp im Anwaltsberuf

whatsapp-3012138_1920Vor einiger Zeit hat mich, wie das nun immer mal wieder vorkommt, ein neuer Mandant beauftragt. Als Grund, warum er aus der Masse der nicht weniger kompetenten Anwaltskollegen gerade mich genommen hat, war bemerkenswert: Weil ich per WhatsApp erreichbar bin. Und tatsächlich, ich gebe meine Handynummer unter den Kontaktdaten auf meiner Seite an und weise extra daraufhin, dass man mich unter dieser Nummer auch per WhatsApp kontaktieren kann.

Unkomplizierte Kommunikation

WhatsApp, aber auch andere neuere Kommunikationsmittel wie Facebook sind für mich eine sehr praktische Möglichkeit der Kontaktaufnahme. Ich nutze sie privat sehr viel, aber auch beruflich weiß ich die diversen Vorteile zu schätzen. Teilweise hängt solchen Kontaktwegen immer noch der Verdacht des unernsten oder unprofessionellen an – aber auch auf WhatsApp ist man nicht gezwungen, jede Nachricht mit einem Smilie (oder Emoticon oder einem Daumen nach oben) abzuschließen.

Der Stil ist aber trotzdem deutlich informeller. Bei einer E-Mail sind „Sehr geehrte Frau …“ und die freundlichen Grüße am Ende einfach notwendig. Ihr Fehlen steht im geschäftlichen Bereich unter dem Verdacht der Unhöflichkeit. Und eine gewisse Struktur sollte eine E-Mail schon auch haben. Wenn ich auf WhatsApp dagegen anrede- und grußlos „Könnten wir den Termin morgen eine Stunde früher machen?“ schreibe, wird mir das regelmäßig niemand krumm nehmen.

Der Vorteil ist ganz einfach, dass man unkompliziert kommunizieren kann. Man hat auch weniger Hemmungen, diese niederschwelligen Kommunikationsmittel zu benutzen. Kaum jemand hat Hemmungen, wenn er am Sonntag eine WhatsApp-Nachricht schreibt – weil eben keine sofortige Reaktion damit verbunden ist. Bei telephonischen Anrufen sieht es dagegen anders aus.

Schneller Austausch von Dokumenten

Ich schreibe einem Mandanten zum Beispiel „Ich bräuchte bitte noch Nebenkostenabrechnung Ihres Vermieters für das Jahr 2016“. Dann sieht er die Nachricht und ich weiß mit gewisser Sicherheit, dass er sie gesehen hat. Er muss aber nicht sofort antworten, sondern schickt mir irgendwann im Laufe des Tages die Dokumente per E-Mail.

Wenn es mal ganz schnell gehen muss, kann er mir Unterlagen auch abphotographieren und zuschicken. Das ist sehr viel zielführender als wenn er versucht, mir mit eigenen Worten zu erklären, was er eigentlich vor sich hat. Als Rechtsanwalt erkennt man natürlich mit einem Blick, ob das nun ein Strafbefehl, ein Steuerbescheid oder eine Mahnung ist.

Geheimhaltung und Datenschutz

Natürlich gibt es mittlerweile bei allen Formen der Datenübertragung eine gewisse Geheimhaltungs- und Überwachungsproblematik. Insofern schlage ich Mandanten grundsätzlich nicht vor, mir irgendetwas auf diesem Weg zu schicken. Für viele ist es aber mittlerweile eine alltägliche Kommunikationsform, deren Problematiken man kennt und in Kauf nimmt. Im Endeffekt muss jeder selbst wissen, ob sich – platt gesagt – die NSA für seine Strafzettel interessiert oder nicht.

Außerdem sieht es bei anderen Kommunikationsformen auch nicht mehr wahnsinnig anders aus. Sind Sie sich wirklich sicher, dass nur der ordnungsgemäß Empfänger Ihre E-Mails liest? Wer hört vielleicht am Telephon mit, wer wirft einen Blick auf Briefe?

Andauernde Erreichbarkeit – Chance oder Problem?

Nicht unterschätzen darf man aber auch die Sichtbarkeit auf einem solchen Messenger. Der Mandant sieht, ob der Anwalt gerade online ist und ggf. auch, wann er zuletzt online war. Das produziert natürlich einen gewissen Druck bzw. eine gewisse Erwartungshaltung. Wenn der Anwalt mehrfach online war, nachdem er eine Frage seines Mandanten gelesen hat, aber diese nicht beantwortet, dann könnte es gewisse Irritationen geben.

Aber das, glaube ich, muss man in diesem Beruf wohl einfach hinnehmen. Oder, anders gesagt: Man sollte dem Mandanten dann zumindest irgendeine Form der Rückmeldung geben. Schließlich bezahlt er mich ja auch für rechtliche Auskünfte. Und wenn ich bspw. um halb zwölf nachts noch auf WhatsApp online bin, dann kann ich eine kurze Nachfrage um die Zeit genauso gut beantworten wie zu normalen Kanzleiöffnungszeiten.

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