Kindesunterhalt (III): Anspruchsvoraussetzungen

Teil I dieser Reihe finden Sie hier und Teil II hier.

Der Anspruch von Kindern gegen Eltern auf Unterhalt gründet sich auf die recht unscheinbare Vorschrift des § 1601 BGB:

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Nach § 1602 haben auch Kinder nur dann einen Unterhaltsanspruch, wenn sie sich nicht selbst unterhalten können, müssen dafür aber – solange sie minderjährig sind – ihr Vermögen nicht einsetzen.

Ansonsten ergeben sich, anders als häufig behauptet, kaum Unterschiede zwischen minderjährigen und volljährigen Kindern. Maßstab ist immer die Bedürftigkeit des Kindes. Bedürftig ist, wer nicht ausreichend verdient und auch nicht ausreichend verdienen kann. Nicht ausreichend kann in erster Linie verdienen, wer sich noch in der (ersten) Ausbildung befindet. Und gerade diese Voraussetzung führt in der Praxis häufig zu besonderen Abgrenzungsschwierigkeiten – was ist noch die erste Berufsausbildung, was ist bereits eine zweite Ausbildung und was ist vorsätzliches Ungenutztlassen besserer Verdienstmöglichkeiten?

Das Prinzip der Gegenseitigkeit verlangt, dass der Unterhaltsberechtigte den Verpflichteten nicht länger in Anspruch nimmt als unbedingt notwendig. Er muss also möglichst zügig die Ausbildung abschließen und einen „richtigen“ Beruf aufnehmen, bei der er ausreichend verdient, um keine Hilfe mehr zu benötigen. Dieser Grundsatz beeinflusst die Frage, welche Ausbildung zum Unterhalt berechtigt und welche nicht.

Die Rechtsprechung hat dazu einige grobe Richtlinien entwickelt, die natürlich ständig im Wandel sind:

Freiwilliges Soziales Jahr

Ein FSJ gehört zur Berufsausbildung, da es zusätzliche Fähigkeiten vermittelt und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessert. Wer ein FSJ vorweisen kann, zeigt, dass er arbeiten will und freiwillig seinen Horizont erweitert hat. Ob dies von allen Arbeitgebern unbedingt so gesehen, darf freilich bezweifelt werden.

Praktika

Bei Praktika gilt das zum FSJ gesagte umso mehr, da diese helfen, Kontakte zu knüpfen und Fachkenntnisse zu erlangen. Allerdings müssen die Praktika in gewissem Zusammenhang zu einer angedachten folgenden Berufsausbildung stehen. Auch verschiedene Praktika zu Orientierungszwecken werden aber im Zweifel noch zulässig sein.

Ungelernte Tätigkeiten

Auch ungelernte Tätigkeiten und Hilfsarbeiten können insofern eine Vorbereitung zur späteren Ausbildung sein, als sich der Unterhaltsberechtigte damit auf dem Arbeitsmarkt bewähren kann. Das kann seine Chancen erhöhen, insbesondere, wenn er nur einen schlechten Abschluss vorweisen kann.

Berufsausbildung (Lehre)

Eine Lehre ist geradezu die klassische Berufsausbildung und damit praktisch immer unterhaltsberechtigend.

Studium

Auch während des Studiums erhält das Kind Unterhalt. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Studium zügig und zielstrebig zuende geführt werden muss.

„Parkstudium“

Ein Studium, das nur dazu da ist, die Wartezeit auf ein zulassungsbeschränktes Fach („Numerus clausus“) zu überbrücken, ist unter Umständen eine Ausbildung. Die Zeit muss aber entweder zur Vorbereitung genutzt werden, soweit möglich, indem bereits einzelne Prüfungsleistungen („Scheine“) für das angestrebte Fach erbracht werden. Ist eine angemessene Vorbereitung nicht möglich, muss der Jugendliche die Zeit zum Geldverdienen nutzen.

Auch das dann anschließende „richtige“ Studium ist natürlich nach den allgemeinen Regeln vom Unterhaltsanspruch umfasst.

Studium trotz fraglicher Eignung

Wird das Abitur mit einem eher schlechten Schnitt (ab einer Note von ca. 3,5) absolviert oder musste eine Klasse wiederholt werden, kann die Eignung für die Hochschule fraglich sein. Dann wäre ein Studium keine angemessene Ausbildung mehr. In diesem Fall kann es notwendig sein, dass weitere Gesichtspunkte hinzukommen, die die Studieneignung belegen, z.B. positive Einschätzungen von Lehrern oder zusätzliche eigene Bildungsanstrengungen.

Ausbildungsweg Schule – Lehre – Studium

Wird nach der Schule zunächst eine Berufsausbildung gewählt, könnte ein anschließendes Studium eine Zweitausbildung darstellen, während der kein Unterhalt mehr gezahlt werden muss. Sofern jedoch ein enger zeitlicher und fachlicher Zusammenhang besteht, handelt es sich noch um dieselbe Ausbildung. Insbesondere der fachliche Zusammenhang ist schwer zu beurteilen, Musterbeispiele sind bspw. Rechtsanwaltsfachangestellte/Jurastudium oder Bauzeichner/Architekt.

Ausbildungsweg Schule – Lehre – Fachoberschule – Studium

Ebenfalls bei engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang. Wenn Studium und Lehre nicht fachlich zusammenhängen, muss der Entschluss aber bereits bei Beginn der Lehre gefallen sein. Der Ausbildungsweg muss also einem gewissen Plan folgen.

Zweitausbildung

Nur höchstausnahmsweise, z.B., wenn der Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausgeübt werden kann oder die erste Ausbildung auf Anraten der Eltern aufgenommen wurde und dabei die Eignung des Kindes falsch eingeschätzt wurde.

Click to rate this post!
[Total: 57 Average: 4.9]