Beispiel zum Unterhaltsrecht

Nachdem uns mehrere Fragen zu den Unterhaltsartikeln erreicht haben, möchten heute ein „großes“ Rechenbeispiel durcharbeiten:

Der Ehemann verdient in seinem Beruf 2000 Euro netto und hat 1000 Euro Mieteinnahmen pro Monat. Die Ehefrau verdient nur 400 Euro netto in Heimarbeit und kümmert sich im Übrigen um die 2 und 7 Jahre alten Kinder. Wer hat nach einer Scheidung Anspruch auf welchen Unterhalt?

Kindesunterhalt

Um die Höhe des Kindesunterhalts korrekt ausrechnen zu können, müssen wir zunächst die Zahl der unterhaltsberechtigten Personen feststellen: Die beiden Kinder können sich in diesem Alter selbstverständlich noch nicht selbst versorgen und haben daher einen Unterhaltsanspruch nach § 1602 Abs. 1 BGB. Die Ehefrau muss sich um die Kinder kümmern und solange ein Kind jünger als drei ist, ist ihr grundsätzlich keine Arbeitstätigkeit zumutbar. Sie ist damit wegen Kinderbetreuung gemäß § 1570 BGB unterhaltsberechtigt.

Da der Mann drei Unterhaltsberechtigte zu versorgen hat, wird er in der Düsseldorfer Tabelle (die eigentlich nur für zwei Unterhaltsberechtigte ausgelegt ist) um eine Stufe heruntergesetzt. Um die eigentliche Stufe zu erreichen, müssen zuerst die berufsbedingten Aufwendungen von seinem Erwerbseinkommen abgezogen werden. Dies sind pauschal 5 %, also 100 Euro, sodass sein bereinigtes Einkommen nur noch 1900 plus 1000 Euro Zinsen beträgt. Damit ist er an sich in Stufe 5 (2701 bis 3100 Euro Monatseinkommen) einzuordnen, hieraus wird aber durch die obige Korrektur bei drei Unterhaltsberechtigten die Stufe 4.

Das jüngere Kind kann in Altersstufe I (0 bis 5 Jahre) 365 Euro Unterhalt beanspruchen. Hiervon wird das halbe Kindergeld (92 Euro) abgezogen, denn dieses kommt jeweils zur Hälfte beiden Elternteilen zugute, im Falle des unterhaltszahlenden Vaters durch Verrechnung. Sein Unterhaltsbetrag liegt nun bei 273 Euro.

Für das ältere Kind sieht Altersstufe II (6 bis 11 Jahre) 419 Euro vor, nach Kindergeldabzug bleiben 327 Euro.

Um festzustellen, ob es bei diesen Zahlungen bleiben kann, ist zu prüfen, ob dem Unterhaltspflichtigen der Bedarfkontrollbetrag verbleibt. Dieser beträgt in Einkommensstufe 4 laut Düsseldorfer Tabelle 1380 Euro. Nach Abzug der beiden Unterhaltszahlung verbleiben ihm 2900-(273+327) = 2300 Euro. Das ist mehr als 1380 Euro, damit kann es bei diesem Unterhalt bleiben.

Nachehelicher Unterhalt

Hier ist zunächst die Frage, ob die 400 Euro, die die Ehefrau verdient, überhaupt angerechnet werden dürfen. Wenn sie arbeitet, obwohl es ihr eigentlich nicht zumutbar wäre, könnte das Geld nur ihr allein zustehen. Der Ehemann soll nicht davon profitieren, dass seine Ex-Frau außergewöhnlich fleißig ist. Hier liegt aber nur eine geringfügige Beschäftigung vor, die wahrscheinlich mit einer überschaubaren Stundenzahl erledigt werden kann. Da es sich um Heimarbeit handelt, lässt sich dies wohl auch mit der Kinderbetreuung vereinbaren. Darum ist auch dieses Geld als Familieneinkommen zu berücksichtigen.

Der Ehemann hat daher folgendes Einkommen:
2000 Euro Erwerbseinkommen abzüglich der berufsbezogenen Ausgaben (5 %, siehe oben) machen 1900 Euro, hiervon werden weitere 10 % (190 Euro) abgezogen und verbleiben ihm allein, es bleiben 1710 Euro.
1000 Euro Zinsen, davon wird nichts abgezogen.
600 Euro Kindesunterhalt, die aus seinem Einkommen heausgerechnet werden müssen.
Summe: 1710+1000-600 = 2110 Euro

Die Ehefrau hat folgendes Einkommen:
400 Euro Erwerbseinkommen minus 5 % Aufwendungen ergeben 380 Euro, minus 10 % sind schließlich 342 Euro.

Das Familieneinkommen beträgt somit 2452 Euro. Damit beträgt der Bedarf jedes Ehegatten genau die Hälfte davon, also 1226 Euro. Diesen Bedarf deckt die Frau in Höhe von 342 Euro selbst, die restlichen 884 Euro muss ihr Exmann durch Unterhaltszahlungen aufbringen.

Nun ist zu prüfen, ob der Unterhaltspflichtige seinen notwendigen absoluten Selbstbehalt (1200 Euro) behält. Dafür ist sein bereinigtes, jedoch nicht um den Erwerbstätigenbonus verringerte Nettoeinkommen anzusetzen: 1900+1000-600 = 2300 Euro. Nach Abzug des Scheidungsunterhalts verbleiben ihm 2300-884 = 1416 Euro, also ausreichend viel Geld.

Proberechnung

Wenn man sich nun ansieht, welcher Ehegatte wie viel monatliches Einkommen besitzt, sieht man sehr gut den Mechanismus des Unterhalts.

Der Ehemann hat, wie oben schon berechnet, 1416 Euro monatlich zur Verfügung. Das sind 190 Euro mehr als der beidseitige Bedarf von 1226 Euro. Woher kennen wir diese 190 Euro? Genau, das ist der Erwerbstätigenbonus. Diese Summe ist im Endeffekt also tatsächlich ein Bonus.

Die berufsbedingten Aufwendungen bleiben hier natürlich außen vor, da sie (wovon zumindest die Rechenformel ausgeht) ja tatsächliche Ausgaben darstellen.

Und genauso verhält es sich auch bei der Ehefrau: Sie hat nun 380 Euro bereinigtes Nettoeinkommen plus 884 Euro Unterhalt, 1264 Euro. Das sind 38 Euro mehr als der Bedarf und wieder genau ihr Erwerbstätigenbonus.

Was zeigt uns dieses Beispiel? Unterhaltsberechnung ist kein Hexenwerk und am Schluss kommen zumindest einigermaßen logische Ergebnisse heraus.

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