Eine Beschwerde, die keine ist

Wenn jemand Opfer einer Straftat zu sein glaubt, wird er regelmäßig Anzeige erstatten. Dies führt dazu, dass die Staatsanwaltschaft ermittelt und, wenn sich der Verdacht erhärtet, Anklage erhebt. Andernfalls wird das Verfahren eingestellt, es kommt also zu keiner gerichtlichen Verhandlung und Ahndung. Letztere Vorgehensweise (zusammen mit Mischformen wie etwa der Einstellung gegen eine Auflage, § 153a StPO) ist dabei die häufigste Art, ein Verfahren zu beenden.

Die Gründe dafür können vielschichtig sein: Das Verhalten ist tatsächlich nicht strafbar, die Tatsachen sind nicht nachweisbar, die Anzeige war von vornherein falsch oder es gab vielleicht auch eine Straftat, aber es kommt auch ein anderer Täter in Frage.

Gegen eine solche Verfahrenseinstellung kann der Verletzte zunächst Beschwerde zum vorgesetzten Staatsanwalt einlegen (§ 172 Abs. 1 StPO). Dieser kann dann entweder das Verfahren wieder aufnehmen oder den Antrag ablehnen.

Gegen die Ablehnung wiederum kann der Verletzte gerichtliche Entscheidung beantragen (Abs. 2). Diese Entscheidung trifft das Oberlandesgericht (Abs. 4). Die Entscheidung des OLG ist dann endgültig. Entscheidungen der Oberlandesgerichte können nur dann mit der Beschwerde angefochten werden, wenn dies in § 304 Abs. 4 ausdrücklich angeordnet ist – eine solche Anordnung findet sich für Klageerzwingungsverfahren aber gerade nicht.

Wenn ein solches Verfahren aber trotzdem vor den BGH gezogen wird, ist es ziemlich chancenlos. Und in diesem Fall kam es sogar zu zwei Entscheidungen seitens des BGH – und trotzdem war keine der Entscheidungen tatsächlich eine Entscheidung in der Sache. In den Gründen (Beschluss des 2. Strafsenats vom 21.01.2015, Az. 2 ARs 309/14) heißt es:

Der Senat hat die Beschwerden des Antragstellers gegen Beschlüsse des Oberlandesgerichts Celle vom 23. April 2014 im Klageerzwingungsverfahren nach vorheriger Mitteilung des Antrags des Generalbundesanwalts als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Eingabe des Beschwerdeführers vom 16. November 2014. Die Eingabe ist als Anhörungsrüge gemäß § 33a StPO auszulegen.

Der Rechtsbehelf bleibt ohne Erfolg, weil die Verwerfung der Beschwerde auf dem gesetzlichen Ausschluss einer Beschwerde gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO beruht. Auch der verfassungsrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG schließt nicht aus, dass ein Verfahrensbeteiligter aus prozessualen Gründen mit seinem Anliegen ungehört bleibt. Soweit der Beschwerdeführer ferner Verletzungen von Art. 103 Abs. 1 GG durch das Oberlandesgericht behauptet, ist dies kein zulässiger Gegenstand der Anhörungsrüge zum Bundesgerichtshof. Eine Anhörungsrüge ist nicht statthaft, wenn dem letztinstanzlich entscheidenden Gericht kein neuer, eigenständiger Gehörsverstoß, sondern allein die Nichtbehebung eines Gehörsverstoßes der Vorinstanz zur Last gelegt wird.

Als der Antragsteller also zunächst Beschwerde erhob, wurde diese vom BGH ohne nähere Prüfung zurückgewiesen, da er nicht zuständig war, weil es eben keine Beschwerde gegen den OLG-Beschluss gibt. Darüber muss sich der Antragsteller erneut beim BGH beschwert haben. Dies haben die Richter als Anhörungsrüge ausgelegt – also so, dass sich der Bürger darüber beklagt hat, dass er seine Ansichten dem Gericht nicht ausreichend vortragen konnte. Stellt das Gericht fest, dass er Recht hat, wird das Verfahren einfach soweit neu aufgerollt, dass der Beschwerdeführer seinen Vortrag nachholen kann.

Hier lag aber – ziemlich offensichtlich – keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor. Denn dass der BGH hier nicht zuständig war, liegt derart klar auf der Hand, dass auch noch so wortreiche Darlegungen des Antragstellers nichts daran hätte ändern können.

Bei allem Verständnis für jemanden, der sich geschädigt vorkommt und (häufig) einfach nicht verstehen kann, warum der Staat das ihm zugefügte Unrecht nicht ahnden „will“, hilft dies selbstverständlich nicht darüber hinweg, dass ein Rechtsmittel einfach nicht besteht. Was der Geschädigte allenfalls machen könnte, wäre die Erhebung der Privatklage. Aber das ist nur bei bestimmten Straftaten zulässig.

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