Die Sachurteilsvoraussetzungen einer verwaltungsgerichtlichen Klage

Heute wollen wir auf die sogenannten Sachurteilsvoraussetzungen von Klagen im Verwaltungsrecht eingehen. Dieser sperrige Begriff erklärt sich daraus, dass die Verwaltungsgerichte in der Sache nur über Klagen urteilen dürfen, für die der Verwaltungsrechtsweg auch tatsächlich eröffnet ist. Eine „falsch adressierte“ Klage ist aber nicht unzulässig, sondern wird nur an das richtige Gericht verwiesen. Das gleiche gilt für die Frage, ob das angegangene Gericht auch instanziell und örtlich zuständig ist. Daher fasst man die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, die Gerichtszuständigkeit und die „echten“ Zulässigkeitsvoraussetzungen als „Sachurteilsvoraussetzungen“ zusammen.

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweg (§ 40 I 1 VwGO)

Zunächst muss der Verwaltungsrechtsweg gegeben sein. Das ist unproblematisch, wenn es eine aufdrängende oder abdrängende Sonderzuweisung im jeweiligen Gesetz gibt. Ansonsten sind die Verwaltungsgerichte zuständig für alle „öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art“. Hier gibt es keine Unterschiede zwischen den einzelnen Klagearten.

II. Gerichtszuständigkeit (§§ 45 bis 52 VwGO)

Sachlich zuständig sind grundsätzlich die Verwaltungsgerichte (§ 45). Etwas anderes gilt aber z.B. für Normenkontrollklagen, die sich gegen baurechtliche Normen richten oder für die eine landesrechtliche Regelung besteht – hier ist der Verwaltungsgerichtshof (bzw. das Oberverwaltungsgericht) zuständig.

Örtlich zuständig ist das Gericht, das sich aus § 52 VwGO ergibt – in aller Regel ist dies unproblematisch.

III. statthafte Klageart

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Ziel des Klägers. Hierzu haben wir bereits einen Artikel verfasst.

Bei der Fortsetzungsfeststellungsklage, die ja nur eine umgestellte Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ist, gelten die Voraussetzungen der jeweiligen Klageart entsprechend.

IV. Klagebefugnis (§ 42 II VwGO)

Im Rahmen der Klagebefugnis wird darüber entschieden, ob gerade dieser Kläger berechtigt ist, in gerade dieser Sache zu klagen. Der Hintergrund ist, dass jeder Bürger sich grundsätzlich nur um die rechtlichen Probleme kümmern soll, die ihn betreffen. Eine Klage im Interesse der Allgemeinheit („Popularklage“) soll es dagegen nicht geben. Die Klagebefugnis beurteilt sich je nach Klageart unterschiedlich, weil die Arten der Betroffenheit andere sind:

Bei der Anfechtungsklage muss der Kläger Adressat des Verwaltungsakts sein, wenn er dessen Belastungen angreifen will. Klagt jedoch ein Dritter gegen einen VA (z.B. gegen die unliebsame Baugenehmigung für den Nachbarn), muss er sich auf eine Norm berufen können, die gerade ihn schützt (Schutznormtheorie).

Bei der Verpflichtungklage muss es zumindest möglich sein, dass der Kläger einen Anspruch auf diesen Verwaltungsakt oder auf eine Ermessensentscheidung über diesen Verwaltungsakt hat. Dies muss er entsprechend geltend machen.

Bei der allgemeinen Leistungsklage wird § 42 II (der ja eigentlich nur auf Verwaltungsakte zugeschnitten ist) analog angewandt. Der Kläger muss also einen Anspruch auf das verlangte Tun oder Unterlassen geltend machen.

Ebenso wird bei der Feststellungsklage verfahren: Es braucht ein berechtigtes Interesse (rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art) an einer baldigen Feststellung.

V. Partei- und Prozessfähigkeit (§§ 61, 62 VwGO)

Parteifähig sind bei allen Klagen natürliche und juristische Personen sowie Vereinigungen. Unter die juristischen Personen fallen auch Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechte (Gemeinde, Landkreis, Bezirk, Land, Bund), die in aller Regel auf der Beklagtenseite stehen.

Prozessfähig ist man, grob gesagt, wenn man nicht geschäftsunfähig ist.

Hierbei ergeben sich normalerweise keine Probleme und auch keine Besonderheiten bzgl. der Klagearten.

VI. Widerspruchsverfahren (§ 68 VwGO)

Das Vorverfahren im Sinne eines Widerspruchsverfahrens ist mittlerweile größtenteils bedeutungslos geworden. Das bayerische Ausführungsgesetz zur Verwaltungsgerichtsordnung sieht das Widerspruchsverfahren nur noch für einige Rechtsgebiete vor. In diesen Gebieten ist das Widerspruchsverfahren auch nicht verpflichtend vorgesehen, sondern lediglich eine Alternative zur sofortigen Klageerhebung. Nur bei einem gegen mehrere Betroffene ergangenen Verwaltungsakt ist ein Widerspruchsverfahren verpflichtend, soweit nicht alle Betroffenen der sofortige Klageerhebung zustimmen.

Soweit ein Widerspruch zwingend vorausgesetzt ist, ist dieser Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Klage.

Dies gilt jedoch auch nur für die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage (in Form der Versagungsgegenklage), da es nur hier um einen Verwaltungsakt geht. Bei der Untätigkeitsklage (einer Unterform der Verpflichtungsklage) gibt es ja gerade keine behördliche Entscheidung und somit auch keinen Widerspruch.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage orientiert sich wiederum an der zugrundeliegenden Klage. Erledigt sich der VA vor Ablauf der Widerspruchsfrist, ist kein Widerspruch mehr notwendig.

VII. Klagefrist

Bei der Anfechtungs- und der Versagungsgegenklage muss der VA innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe angefochten werden (§ 74 I 2 VwGO). Bei der allgemeinen Leistungs- und Feststellungsklage gibt es grundsätzlich keine Klagefrist, das Klagerecht kann allenfalls durch zu langes Abwarten verwirkt werden.

Eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedenfalls verfristet, wenn die Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage nicht mehr fristgerecht wäre, also einen Monat nach Erlass bzw. Ablehnung des Verwaltungsakts. Erledigt sich der VA aber vor Klageerhebung, so hat sich auch die auf den VA bezogene Frist erledigt. Ob es dann eine Klagefrist für die FFK selbst gibt, ist umstritten.

VIII. Rechtsschutzbedürfnis

Das Rechtsschutzbedürfnis liegt nicht vor, wenn die Klage unnötig ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Erfolg auch auf einfachere Weise erreicht werden kann, das Urteil für den Kläger nutzlos ist oder die Klage rein in der Absicht, den Staat zu ärgern, erhoben wurde („querulatorische Klage“).

Bei der Verpflichtungsklage muss außerdem zuerst ein Antrag auf den VA gestellt werden, damit die Behörde die Chance hat, selbst tätig zu werden. Ebenso muss bei einer auf eine Handlung gerichteten Leistungsklage vorher ein Antrag auf die Leistung gestellt worden sein.

Für eine Fortsetzungsfeststellungsklage muss zudem ein besonderes Feststellungsinteresse dargelegt werden. Entweder muss Wiederholungsgefahr gegeben sein (weil ein identischer Vorgang wieder passieren könnte), ein Rehabilitationsinteresse bestehen (dass es für den Betroffenen wichtig ist, im Recht gewesen zu sein) oder ein schwerer Grundrechtseingriff vorliegen (der gerade nach gerichtlicher Überprüfung „schreit“). Wurde die Klage vor Erledigung erhoben, kann sie zur Vorbereitung eines Amtshaftungsanspruchs weiter verfolgt werden, da dies ökonomischer ist, weil das Gericht ja schon damit befasst ist.

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