Grundzüge des bayerischen Kommunalabgabenrechts (I)

Einführung

Einen erheblichen Teil ihrer Einnahmen erwirtschaften Gemeinden und Landkreise durch Abgaben. Diese kommunalen Steuern richten sich nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG), wobei sich der Spielraum der Kommunen bei den einzelnen Abgabearten teilweise deutlich unterscheidet.

Die Abgabehoheit der Gemeinden ergibt sich aus Art. 83 der Bayerischen Verfassung und Art. 22 Abs. 2 der Gemeindeordnung sowie aus Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes. Danach haben die kommunalen Gebietskörperschaften das Recht, ihren Finanzbedarf durch Erhebung eigener Steuern zu decken.

Abgaben müssen nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz, dem Äquivalenzprinzip und dem Kostendeckungsprinzip erhoben werden:

  • Der Gleichbehandlungsgrundsatz leitet sich aus Art. 3 GG ab und verlangt, dass wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich behandelt wird. Es darf also keine unbegründete Unterscheidung zwischen einzelnen abgabepflichtigen Bürgern bestehen.
  • Das Äquivalenzprinzip fußt auf dem Rechtsstaatsprinzip und dem daraus abgeleiteten Verhältnismäßigkeitsprinzip. Danach muss ein angemessenes Verhältnis zwischen Abgabe und Leistung bestehen. Eine vollständige Gleichwertigkeit in jedem Einzelfall ist hierbei weder möglich noch nötig; es darf lediglich kein auffälliges Missverhältnis bestehen. Zulässig ist auch die Verteilung nach einem pauschalierten Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der zwar keine Einzelfallgerechtigkeit, aber doch Typengerechtigkeit garantiert.
  • Das Kostendeckungsprinzip verlangt, dass bei kommunalen Einrichtungen die angefallenen Kosten auf die Nutznießer verteilt werden. Dabei soll weder eine wesentliche Unterdeckung noch eine wesentliche Überdeckung geschehen. Es gibt also einen gewissen Spielraum, zumal gerade bei Nutzungsentgelten nicht von vornherein klar ist, in welcher Höhe diese anfallen und zur Amortisation beitragen.

I. Einteilung

Kommunale Steuern werden unterteilt in Realsteuern (Grund- und Gewerbesteuer, § 3 Abs. 2 AO), örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern (Art. 3 KAG), Beiträge (Art. 5 KAG) und Gebühren (Art. 8 KAG).

  • Steuern knüpfen an ein bestimmtes Verhalten des Bürgers an und verlangen ihm einen Geldbetrag ab, für den er keine Gegenleistung bekommt.
  • Beiträge sind Kostenanteile für die abstrakte Möglichkeit der Benutzung.
  • Gebühren sind Entgelte für die konkrete Benutzung.

Die Finanzierung von Einrichtungen kann sowohl nur durch Beiträge als auch nur durch Gebühren oder – wie in der Regel – durch ein Mischsystem aus beidem erfolgen. Ein Verzicht auf Beiträge darf allerdings nur erfolgen, wenn es nur wenige nicht angeschlossene (und damit nicht gebührenpflichtige) Anlieger gibt.

II. Rechtsgrundlage: Satzung

Alle Kommunalabgaben bedürfen dabei einer eigenen gemeindlichen Satzung. Das KAG ermächtigt nur zur Erhebung von Abgaben (eben durch Satzung), stellt aber keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Erhebung dar.

Bei neuen Steuern bedürfen die Satzungen stets der Genehmigung der Rechtsaufsicht und der Zustimmung des Innenministeriums (Art. 2 Abs. 3 KAG). Als „neue Steuer“ zählt aber nur eine solche, es bisher in Bayern überhaupt noch nicht (also auch in keiner anderen Kommune) gab. Dadurch soll offensichtlich verhindert werden, dass die Gemeinden allzu „erfinderisch“ sind, was das Besteuern ihrer Bürger angeht.

Abgabensatzungen können in der Regel auch rückwirkend erlassen werden. Insofern gibt es kein Vertrauen des Bürgers, da dieser zumindest mit einer Erschließungsbeitragspflicht rechnen muss. Auch bei unwirksamen Satzungen besteht keine Vertrauensposition, da niemand davon ausgehen kann, dass die Unwirksamkeit bestehen bleibt. Die unwirksame Satzung kann dann auch mit Wirkung für die Vergangenheit ersetzt werden. Auch ein bereits ergangener, zu diesem Zeitpunkt noch rechtswidriger Verwaltungsakt kann durch eine rückwirkende Satzung geheilt werden

Bei Realsteuern bedarf es grundsätzlich keiner genaueren Steuersatzung. Hier ist die einzige notwendige Festsetzung diejenige des Hebesatzes (§ 25 Grundsteuergesetz bzw. § 16 Gewerbesteuergesetz), alle weiteren Berechnungsfragen ergeben sich unmittelbar aus dem jeweiligen Gesetz und bedürfen keiner Ausfüllung durch die Satzung mehr. Die Festlegung des Hebesatzes erfolgt häufig im Rahmen der Haushaltssatzung.

Im Übrigen gelten die Vorschriften der Gemeindeordnung für den Satzungserlass: Art. 23 GO ermächtigt grundsätzlich zum Satzungserlass, Art. 24 legt deren Inhalt fest und Art. 26 regelt Formalia. Art. 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 schreibt vor, dass über den Satzungserlass in der Regel von der Vollversammlung des Gemeinderats entschieden wird, und Art. 37 Abs. 2 Satz 1 untersagt eine Übertragung dieser Kompetenz auf den Bürgermeister.

III. Einzelne Steuern

1. Grundsteuer (Grundsteuergesetz)

Die Grundsteuer ist eine Steuer auf Grundeigentum. Dabei unterscheidet Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden (Finanzausgleichsgesetz – FAG) zwischen Grundsteuer A für land- und fortwirtschaftliche Betriebe und Grundsteuer B für sonstige Grundstücke.

Steuerschuldner ist daher der Eigentümer, bei Wohnungseigentum der Wohnungseigentümer. Der Grundlagenbescheid setzt zunächst den Messbetrag der Grundlagensteuer fest, die Gemeinde erlässt dann nach Multiplikation mit ihrem jeweiligen Hebesatz den Steuerbescheid.

2. Gewerbesteuer (Gewerbesteuergesetz)

Gewerbesteuer fällt für jeden Gewerbebetrieb im Sinne des Einkommensteuergesetzes (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStG), der im Gemeindegebiet liegt, an. Nicht als Gewerbe zählen dementsprechend land- und fortwirtschaftliche Betriebe und Freiberufler.

Auch hier setzen die Finanzbehörden zunächst den Messbetrag fest, die Gemeinde erlässt dann den Steuerbescheid anhand ihrer Hebesatzes. Der Messbetrag bei der Gewerbesteuer wird auch als „bereinigter Gewerbeertrag“ bezeichnet.

3. Hundesteuer (Art. 3, 13 Abs. 8 KAG)

Die Hundesteuer ist eine kommunale Aufwandsteuer. Sie soll nicht, wie teilweise gemutmaßt wird, Verunreinigungen durch Hunde ausgleichen, sondern sie besteuert den besonderen Aufwand, den ein Hundehalter hat. Sie ist eine Luxussteuer, denn wer, so das Konzept, sich die Haltung eines Hunds leisten kann, hat offensichtlich viel Geld zur Verfügung. Diese Überlegung ist heutzutage sicher nicht mehr ganz so naheliegend.

Daneben ist aber auch das Ziel, die Zahl der Hunde durch Auferlegung einer Steuer zu begrenzen, legitim. Die Steuer darf lediglich keine erdrosselnde Wirkung entfalten, also die Hundehaltung faktisch verbieten. Dies ist auch im Zusammenhang mit einer „Kampfhundesteuer“ zu beachten, die für bestimmte, faktisch unerwünschte Rassen eine besonders hohe Steuer festsetzen darf, die aber wiederum nicht erdrosselnd wirken darf.

Die Steuerpflicht besteht da, wo der Hund „in den Haushalt aufgenommen wird“, wo also der Aufwand anfällt. Wo sich der Hund tatsächlich aufhält, ist dabei nicht relevant.

4. Zweitwohnungssteuer (Art. 3 KAG)

Auch die Zweitwohnungssteuer ist eine kommunale Aufwandsteuer. Hier wird der Aufwand, der durch das Einrichten mehrerer Wohnsitze entsteht, besteuert.

Als Wohnung zählt dabei grundsätzlich die melderechtliche Wohnung. Die Satzung kann allerdings auch eine andere Defition festlegen. Arbeitsräume, die auch zum Wohnen verwendet werden, stellen ebenfalls eine Wohnung dar. Als Innehaben einer Wohnung zählt dabei jede rechtlich gesicherte Verfügungsmöglichkeit.

Bei Ehepaaren ergibt sich hier das Problem, dass diese melderechtlich einen gemeinsamen Wohnsitz haben. Dies gilt auch dann, wenn ein Ehegatte von Montag bis Freitag aus beruflichen Gründen an einem anderen Ort wohnt. Damit ist diese Wohnung automatisch seine Zweitwohnung und damit steuerpflichtig. Wäre dieser Ehegatte aber alleinstehend, könnte er die arbeitsbezogene Wohnung zu seiner Erstwohnung deklarieren und sie damit der Zweitwohnungssteuer entziehen. Damit Ehepaare, die eigentlich durch Art. 6 GG besonders geschützt sind, hier nicht diskriminiert werden, sind derartige Zweitwohnungen von der Steuer nicht erfasst, obwohl an sich die Voraussetzungen für eine Zweitwohnungssteuerpflicht vorliegen.

Teil 2: Morgen.

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