Grundzüge des Wasserrechts

Das öffentliche Wasserrecht soll das Wasser als Gemeingut erhalten. Im Gegensatz zum restlichen Erdreich unter einem Grundstück gehören Gewässer an der Oberfläche und Grundwasser nicht ausschließlich dem zivilrechtlichen Eigentümer.

Anwendungsbereich des Wassergesetzes sind:

  • das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 1 WHG)
  • das nicht aus Quellen wild abfließende Wasser (Art. 1 Abs. 1 BayWG)
  • Küstengewässer (§ 2 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Nr. 2 WHG)
  • das Meer (§ 2 Abs. 1a, § 3 Nr. 2a WHG)
  • Grundwasser (§ 2 Abs. 1 Nr. 3, § 3 Nr. 3 WHG)
  • Heilquellen (Art. 1 Abs. 1 BayWG)

Ausgenommen sind jedoch unbedeutende Gewässer (§ 2 Abs. 2 WHG, Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayWG).

Ob der Anwendungsbereich eröffnet ist, muss im Rahmen der Genehmigungspflichtigkeit am Anfang der formellen Rechtmäßigkeit geprüft werden.

I. Ausbau

Die tiefgreifendste Einflussnahme auf ein Gewässer ist der Ausbau. Zum Ausbau gehören laut § 67 Abs. 2 Satz 1 WHG Herstellung, Beseitigung und Umgestaltung. Ist die Maßnahme von vornherein auf einen bestimmten, sei es auch längeren, Zeitraum begrenzt, und hat er keine negativen Auswirkungen, so liegt kein Ausbau vor.

Planfeststellung

Die Gestattung für den Ausbau ist grundsätzlich die Planfeststellung, § 68 Abs. 1 WHG. § 70 Abs. 1 WHG verweist auf die §§ 72 bis 78 (Bundes-) VwVfG; Art. 69 Satz 1 BayWG ordnet jedoch an, dass solche Verweisungen stets auf das BayVwVfG „umgeleitet“ werden.

Das Anhörungsverfahren richtet sich in erster Linie nach Art. 73 BayVwVfG, die Entscheidungsfindung nach Art. 74, die Rechtswirkungen nach Art. 75.

Rechtmäßig ist die Planfeststellung gemäß § 68 Abs. 3, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Planrechtfertigung ist gegeben – kaum ein eigenständiges Kriterium; Planrechtfertigung bedeutet lediglich, dass die konkrete Maßnahme vernünftig ist.
  • Das Wohl der Allgemeinheit wird nicht beeinträchtigt – hierunter sind alle öffentlichen Belange zu fassen, die vom Vorhaben tangiert sein können.
  • Sonstige wasserrechtliche Anforderungen werden erfüllt – insbesondere Reinhaltung des Wassers (§§ 32 und 48 WHG), Beachtung der Rechte Dritter und Rücksichtnnahme.
  • Andere öffentlich-rechtliche Anforderungen werden erfüllt – insbesondere Baurecht und Naturschutzrecht.
  • Eine gerechte Abwägung wurde vorgenommen – Gewichtung öffentlicher und privater Belange gegeneinander im Sinne einer Konflikt- und Problembewältigung.

Die Behörde hat, wenn der Planfeststellung nichts entgegensteht, eine eigener Ermessungsentscheidung zu treffen. Dabei besteht eine hohe planerische Gestaltungsfreiheit, das Ermessen wird also von den Plänen der Behörde geleitet.

Einen Anspruch auf Planfeststellung gibt es daher in aller Regel nicht; allenfalls, wenn das Wohl der Allgemeinheit zwingend nach dem Vorhaben verlangt, kann trotz der behördliche Planungshoheit eine Ermessensreduzierung auf null gegeben sein.

Für die Planfeststellung gilt die formelle Konzentration des Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG. Alle sonst notwendigen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen werden durch die eine Planfeststellung ersetzt.

Abs. 2 führt zur Präklusion privater Abwehrrechte.

Plangenehmigung

An Stelle der Planfeststellung tritt die bloße -genehmigung, wenn die Behörde dies bei UVP-freien Vorhaben beschließt.

Auf die Plangenehmigung sind die formellen Planfeststellungsvorschriften nicht anwendbar, Art. 74 Abs. 6 Satz 2. Die Rechtswirkungen sind jedoch dieselben wie bei der Planfeststellung.

Auch die Rechtmäßigkeit ist wie bei der Planfeststellung zu beurteilen, § 68 Abs. 3 WHG.

Einziger großer Unterschied ist die enteignungsrechtliche Vorwirkung der Planfeststellung.

II. Benutzung

Die Benutzung (§ 9 Abs. 1 WHG) ist eine Handlung, die unmittelbar auf ein Gewässer einwirkt und sich dessen zur Erreichung bestimmter Ziele bedient. Hierzu gehören insbesondere Wasserentnahme und -einleitung, Aufstauen, Einbringen fester Stoffe und Einleiten flüssiger/gasförmiger Stoffe sowie Einflussnahme auf Grundwasser.

Neben diesen echten Benutzungen gilt es als fiktive Benutzung (Abs. 2), wenn eine Handlung zwar nicht direkt auf ein Gewässer einwirkt, aber geeignet ist, eine erhebliche nachteilige Beeinflussung der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen.

Eine Sekundärbenutzung ist dagegen eine zusätzliche Art der Benutzung, die zwangsläufig mit der Hauptbenutzung verbunden ist. In diesem Fall ist die Sekundärbenutzung mitgenehmigt durch die Genehmigung der Hauptbenutzung.

Eine mittelbare Benutzung ist ebenfalls nur indirekt. Alles erfolgt hier die Gewässereinwirkung über ein anderes Gewässer, also bspw. durch Einleitung in einen Bach, der wiederum in einen See fließt. Insoweit gibt es keine Gestattungspflicht, die mittelbare Benutzung und die Auswirkungen auf den See sind dann aber Abwägungsmaterial für die Benutzungsgenehmigung.

Erlaubnis, gehobene Erlaubnis, Bewilligung

Die Gestattung (Erlaubnis bzw. Bewilligung) richtet sich nach §§ 8, 10 bis 13 WHG. Sie darf nur erfolgen, wenn keine schädlichen Gewässerveränderungen zu erwarten sind und auch sonst nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen wird.

Der Normalfall der Erlaubnis (§§ 8, 10 WHG) ist die nicht-gehobene Erlaubnis, die im WHG also solche aber nicht bezeichnet wird. Vielmehr ist sie dort die „Erlaubnis, die keine gehobene Erlaubnis ist“. Sie verleiht lediglich die Befugnis zur Benutzung, aber keine Abwehransprüche.

Die gehobene Erlaubnis beinhaltet eine gewisse Präklusionswirkung, jedoch nur gegen Ansprüche auf vollständige Einstellung der Benutzung, § 16 Abs. 1 WHG.

Die weitestgehende Benutzungsgestattung ist die Bewilligung, § 14. Das Verfahren ist hier ähnlich wie bei Planfeststellung, Art. 69 Satz 2 BayWG. Eine Bewilligung kommt dabei nur in Betracht, wenn der Antragsteller eine gesicherte Rechtsstellung benötigt und daher eine bloße Erlaubnis nicht zumutbar ist, § 14 Abs. 1 Nr. 1 WHG. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn kapitalintensive Investitionen getätigt werden müssen.

Wird ein Antrag nicht rechtzeitig beschieden, entsteht eine Erlaubnis mit Zulassungsfiktion, Art. 70 BayWG.

III. Anlagengenehmigung

Anlagen in, an, über und unter oberirdischen Gewässern bedürfen gemäß § 36 WHG und Art. 20 BayWG einer Anlagengenehmigung. Sie darf nur versagt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit, schädliche Gewässerveränderungen oder die Erschwerung des Gewässerunterhalts entgegenstehen.

Baugenehmigung oder wasserrechtliche Genehmigung?

Diese drei Grundregeln sind hierfür zu beachten:

  • Konzentrationswirkung (Bewilligung, gehobene Erlaubnis, Plan; Art. 69 S. 2 BayWG, 75 Abs. 1 BayVwVfG) -> Baugenehmigung ist im Verfahren eingeschlossen
  • Gebäude (Art. 56 S. 1 Nr. 1 BayBO) -> Baugenehmigung notwendig, wasserrechtliche Genehmigung entfällt (Art. 20 Abs. 5 BayWG)
  • sonstige Anlage -> nur wasserrechtliche Genehmigung (Art. 20 Abs. 1 BayWG, 36 WHG)

Diese Regeln stehen in einem Vorrangverhältnis zueinander, wenn also Konzentrationswirkung gegeben ist, kommt es nicht mehr auf die Unterscheidung Gebäude/kein Gebäude an.

Es lassen sich folgende Fallgruppen bilden:

  • Gebäude, das nicht Unterhaltung/Ausbau/Benutzung dient: nur Baugenehmigung, wasserrechtliche Genehmigung entfällt nach Art. 20 Abs. 5 BayWG
  • Gebäude, das Unterhaltung/Ausbau/Benutzung dient, sofern dafür gehobene Erlaubnis oder Bewilligung: Konzentrationswirkung (Art. 69 Satz 2 BayWG, Art. 75 Abs. 1 BayVwVfG), damit Baugenehmigung eingeschlossen
  • Gebäude, das Unterhaltung/Ausbau/Benutzung dient, sofern dafür beschränkte Erlaubnis: keine Konzentrationswirkung, damit Baugenehmigung notwendig
  • Gebäude, für das Planfeststellung oder -genehmigung duchzuführen ist: Konzentrationswirkung (§ 70 Abs. 1 WHG, Art. 75 Abs. 1 BayVwVfG), damit Baugenehmigung eingeschlossen
  • andere Anlage am/im Gewässer: keine Baugenehmigung nach Art. 56 Satz 1 Nr. 1 BayBO, daher nur wasserrechtliche Genehmigung nach § 36 WHG, Art. 20 Abs. 1 BayWG
  • Benutzungsanlage: keine Baugenehmigung, keine wasserrechtliche Genehmigung nach Art. 20 Abs. 1 Satz 1 BayWG, da Benutzung dient
  • Ausbauanlage: keine Baugenehmigung, keine wasserrechtliche Genehmigung

IV. Zulässigkeitsvoraussetzungen

Die Zulässigkeit einer Benutzung und eines Ausbaus sind sich sehr ähnlich. Bewilligung, Erlaubnis und Planfeststellung folgen diesem Prüfungsschema:

  • keine schädlichen Gewässereinwirkung (§ 12 Abs. 1 Nr. 1) bzw. Wohl der Allgemeinheit (§ 68 Abs. 3 Nr. 1) – beide Begriffe sind wegen § 3 Nr. 10 praktisch identisch
  • sonstiges Fachrecht wird beachtet (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 68 Abs. 3 Nr. 2), insb. Baurecht und Naturschutzrecht
  • keine Verletzungen der Rechte Dritter (§ 14 Abs. 3 bzw. Verweisung in § 70 Abs. 1)
  • keine Nachteile für Dritte (§ 14 Abs. 4 bzw. Verweisung in § 70 Abs. 1
  • Rechtsfolge: Ermessen (§ 12 Abs. 2 bzw. § 68 Abs. 3)
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